1.3 Die Lăutari77schen oder Salonmusikern (auch wenn manche Musiker beide Laufbahnen ein-schlugen), wodurch dem Begriff ein pejorativer Beiklang anzuhaften begann.64 Das »Taraf« genannte Ensemble ist in der Besetzung variabel. Den tragenden Melodiestimmen von Geige, Panflöte, Taragot bzw. heute Klarinette stehen traditio-nellerweise stereotype Begleitformeln gegenüber von Zymbal, Trommel, Cobza65 (heute durchweg Kontrabass), neuerdings Blechblasinstrumenten, Akkordeon, Gi-tarre.66 Bis heute ist der Lăutar ein Familienberuf. Die Instrumente werden nach den Er-fordernissen eines »taraf familial«67 verteilt. Die musikalische Ausbildung geschieht üblicherweise durch erfahrene Musiker oder inoffizielle Lăutari-Schulen.68 Aufge-fasst als Handwerk erfolgt der intensive tägliche Unterricht in einer festen Schüler-Lehrer-Beziehung als monatelange Gegenleistung für Arbeiten in Hof und Feld.69 Die Lehrzeit vollzieht sich mit großer Ernsthaftigkeit und Strenge sowie fachlicher Systematik und Methode. Als berufliche Grundfertigkeit gilt zunächst das Memori-sieren der stereotypen Begleitpartien: »le Lăutar assimile en premier lieu […] les élé-ments suivants: la position, le coup d’archet, le doigté; l’identification d’oreille des tonalités; les formules et les modalités de l’accompagnement«.70 »Avec l’accompa-gnement, on peut déjà se débrouiller, gagner sa vie. Si on les a bien dans l’oreille, les mélodies viennent plus vite ensuite. Tous les musiciens doivent connaître les ac-compagnements«.71Das Erlernen erfolgt ohne Notenkenntnisse, die in solider Form lediglich die Spieler der führenden Stimmen und die »Konzert-Tarafuris«72 besitzen. Es zielt auf das Erlangen absoluter Gehörfähigkeiten im Rahmen der stets wiederkehrenden, gewohnten Tonarten.73 Ausdruck und Ornamentik unterliegen der spontanen Im-provisationsfähigkeit.64Vgl. Cosma, 1996, S. 10.65Vgl. III.1.9 »Volksmusikalisches Instrumentarium«.66Heute ersetzt das Akkordeon vielfach die alten Begleitinstrumente. Anstelle der traditionell kleinen Formationen finden sich oft größere Orchester, u. a. durch die sozialistische Förderung der Volkskon-zerte. Immer häufiger wurde auch die Besetzung der Tarafs mit Blechblasinstrumente, entstanden durch dienstleistende Lăutari im Militärcorps. 67Rădulescu, Speranța: La formation du Lăutar roumain, in: Cahier de musiques traditionnelles 1, 1988, S. 88. Die Interviewaussagen sind im »Institutul de Cercetări Etnologice și Dialectologice« vor-liegende Quellen. Vgl. ebd. S. 99.68Vgl. a.a.O., S. 92.69Ebd. 70A.a.O. S. 91; »Der Lăutar vereinigt an erster Stelle […] folgende Elemente: Die Haltung, die Bogen-führung, den Fingersatz; das Bestimmen der Tonarten nach dem Gehör; die Formeln und die beson-dere Ausgestaltung der Begleitung«. 71Vasile Stabcum, violoneux, Tamași / Ilfov; zit. nach a.a.O., S. 91; »mit der Begleitung kann man sich schon durchschlagen, seinen Lebensunterhalt verdienen. Wenn man sie gut im Ohr hat, kommen die Melodien schneller. Alle Musiker müssen die Begleitung kennen«. 72Rădulescu, 1988, S. 96, Leiter eines Tarafs. Doch Notenkenntnisse ermöglichen höhere finanzielle Stellungen, z. B. auch die Mitgliedschaft in Militärcorps’ oder städtischen Tarafs und Salonorches-tern.73Vgl. a.a.O., S. 98.