1.5 Gattungen der rumänischen Volksmusik 87Abhängig von regionalen Gewohnheiten erfahren die Tänze weitere Abwand-lungen und eine Vielzahl von Varianten. Ausschlaggebend ist auch die Unter-scheidung zwischen den Bewohnern des Flachlands, »cojani«, und denen des Gebirges, »munteni«, bzw. den Bauern und den Hirten, deren Musikstile sich jedoch zunehmend verbunden haben, etwa in dem auch im Flachland getanzten Hirtentanz »Hora ciobanului«. In beiden Traditionen ist die Flöte das dominierende Instrument, begleitet vom Dudelsack, »Cimpoi«. Die Violine verweist auf die jüngere Lăutari-Musik, die mit eigenen Tänzen, wie Romneasca, Țigăneasca, Chilabaua, Zuralia, Ursăria (»Bärentanz«)115 und Walzer- oder Tangomelodien das ursprüngliche Tanzrepertoire verändert. Alexandru hebt im Gegensatz zu perkussiven Tänzen der Balkangegend die melodische Anlage der rumänischen Tänze hervor.116 In der Melodik der Tänze haben sich typische instrumentalspezifische Intonationen von Dudelsack und Schäferflöte erhalten wie die Unterquarte des Haupt- bzw. Grundtons als Wechselnote, die nicht zum Melodieträger wird, son-dern, allenfalls mit Durchgangsnoten gefüllt, auftritt als »Reminiszenz an den höhe-ren Bordun der Sackpfeife, während die übrigen Töne den Tönen der Spielpfeife des Dudelsackes entsprechen.«117 Gemäß der Tonleiter der »nun ausgestorbenen Mara-mureser Sackpfeife«118 erklingt über dem Quartsprung a-d eine Skala mit alterierter vierter, »lydischer«, Stufe von d’’ bis c’’’, bei der Bartók auf die große Ähnlichkeit zu der Stufenfolge der Obertonreihe hinweist:119Notenbeispiel 5: Skala der »Maramureser Sackpfeife«, in: Bartók, 1966, S. XXI, entspricht in einer Obertonreihe, die auf D aufgebaut ist, in etwa den Obertönen mit den Ordnungszahlen 6 und 8–14.115A.a.O., S. 82.116Vgl. a.a.O., S. 76.117Bartók, 1966, S. XXI.118Ebd. 119Vgl. ebd.