88Kennzeichen der Volksmusik in RumänienNotenbeispiel 6: Obertonreihe auf C, in: Hindemith, Unterweisung im Tonsatz I, Mainz 1940, S. 34; mit den im System nicht notierbaren Abweichungen + und -.Die Begleitung der von den Lăutari gespielten Tanzmelodien, genannt die »Țiitura«, setzt sich stereotyp aus repetierendem Grundton, Quint und variabler Terz zusam-men, wodurch sich streckenweise ostinate, zum Teil synkopierte Formeln ergeben, die durch das Zymbal ihre charakteristische Klangfarbe erhalten.120 Obwohl in den Tänzen das vokale Element weitgehend ausgeklammert und hin-gegen die virtuose Beweglichkeit des instrumentalen Vortrags ausgeschöpft wird, liegen ihre Wurzeln teilweise in der Vokalmusik.121 Die Formen von Doina und Hora korrespondieren in zahlreichen Tanzliedern und verbinden so die Vokal- mit der Instrumentalmusik. In Lipattis Kompositionen nehmen tänzerische Elemente einen bedeutenden Stellenwert ein. Nicht nur die explizit »rumänisch« titulierten Werke wie die Danses Roumaines, sondern auch die Tänze in der Aubade, der Sonatine pour piano (main gau-che seule), dem Allegro für Flöte oder den Trois Danses fußen auf Elementen der ru-mänischen Volksmusik. 1.5.2 DoinaDie »Doina« ist die häufigste vokale oder instrumentale Gattung der rumänischen Volksmusik, deren Kennzeichen teils unterschiedlich, teils unscharf definiert werden. So ist die Doina nach Brăiloiu eine sehr offene Kategorie, »vague et poétique«,122 mit der jeder Rumäne die Musik seines Geburtslandes verbinde, da sie allgemein alle langsamen und melancholischen Lieder bezeichne. Breazul sieht den emotionalen Ausdruck im Vordergund: »Die ›Doina‹, die authentischste und charakteristischste Ausdrucksform der rumänischen Volks-musik, hat dieselbe Funktion wie das Weinen, so naturverbunden, so rein psychisch 120Vgl. Notenbeispiel 27.121Vgl. Alexandru, 1980, S. 79.122Brăiloiu, 1940, S. 152.