1.5 Gattungen der rumänischen Volksmusik 91Notenbeispiel 8: »De Dragoste«, in : Alexandru, 1980, S. 168, Takte 1–4/3.Die vokale Doina weist typischerweise eine oktosyllabische Versstruktur auf und wird metrisch frei, »parlando-rubato« vorgetragen. Eine feste Text-Melodiebindung liegt nicht vor: »The same melody may emerge as deeply lyrical, sober, even dra-matic or narrative, through the performer’s interpretation.«134Die instrumentalen Formen der Doina sind ausgesprochen solistisch angelegt mit Ausschöpfung des Ambitus und der technischen Möglichkeiten für eine reiche Ornamentik der lang gedehnten musikalischen Phrasen, die ihnen die Beinamen »lung«, »îndelungat«, »prelungat«, »prelung« (»lang«, »in die Länge gezogen«, »länglich«, »verlängert«) gibt. Neben dieser metrisch und rhythmisch freien Form der Doina existieren jedoch vor allem im Repertoire der Lăutari als »Doina Lăutareasca« auch Varianten im »Tempo giusto«, z. B. die vokale, doch instrumental begleitete Doina »De dragoste«,135 die zudem von chromatischen Skalen mit mehreren instabilen Stufen und reicher Ornamentik gekennzeichnet ist.1.5.3 ColindaDie Colinda-Melodien (auch Colind, Corinda oder Corind) bilden ein rituelles Kern-stück der rumänischen Winterfeste. Gesungen in der Weihnachts- oder Silvester-nacht, je nach Region von Gruppen von Kindern oder auch jungen oder älteren Er-wachsenen, den sogenannten »Colindători«, und eingebettet in weitere Weihnachts- und Neujahrbräuche wie Tänze und Theaterstücke, überbringen sie Wünsche für Glück, Gesundheit und Reichtum von Haus zu Haus, die vor allem Bräuten und neu Vermählten gewidmet, aber auch auf andere Lebensphasen zugeschnitten sind. 134A.a.O., S. 54.135A.a.O., S. 55; »Doina der Liebe«.