1.5 Gattungen der rumänischen Volksmusik 97Notenbeispiel 13: »Bocete după tâneri«, in: Bartók, 1966, S. 11.Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Editio Musica Budapest Music Publishing Ltd.1.5.6 CânteculWie die Tanzmusik sind auch die nicht brauchtumsgebundenen Lieder, Cântece (Einzahl Cântec oder auch Cîntec), eine Gattung mit großer Vielfalt und zahlreichen regionalen Besonderheiten. »Cântecul« wird auch mit »der Gesang« übersetzt und verweist, im Gegensatz zu dem aus der deutschen Sprache übernommenen Wort »Lied«, womit Kunstlieder bezeichnet werden, auf die in den volksmusikalischen Cântece empfundene Einheit von Dichtung und Musik, die sich in dem rumänischen Wort »viers« (übersetzt meist als »Klang«, »Melodie«, »Stimme« oder »Weise«) ausdrückt. Einflüsse aus ungarischer, slawischer, türkischer, arabischer und Țigani-Musik sind ebenso stilbildend wie die griechisch-bzyantinische Prägung: »Die formbildende Quelle für das rumänische Volkslied ist die Kirche. […] Andererseits bestanden zwischen Kirche und Volk dauerhafte reziproke Austauschprozesse.«155 Die musikalischen Wurzeln bezeichnet Zirra demnach als »greco-oriental-ortodox.«156 Allgemeine Kennzeichen des Cântecul sind aufgrund der Vielfalt schwer zu benennen und variieren zudem entsprechend der unterschiedlichen thematischen Inhalte. Auch gesungene Hora- und Sîrba-Melodien gehören dazu. Friedwagner ordnet die Cântece vor allem den Gebirgsgegenden zu, 155 Zirra, 1984, S. 81; »sursa de formare a cîntecului popular este biserica. […] De altfel, între biserică și popor au existat permanente schimburi reciproce.«156 A.a.O., S. 80.