1.6 Rhythmisch-metrische Merkmale in der rumänischen Volksmusik101Notenbeispiel 16: »Citi oară«, in: Brăiloiu, The Syllabic giusto, 1984, S. 186.Alleine für die binär strukturierten Paargruppen, wie sie aus Achtel- und Viertellän-gen gebildet werden können, errechnet Brăiloiu im Octosyllabus 192 Kombinations-möglichkeiten.166 Das rhythmische Grundmodell des syllabischen Giusto ist in allen vokalen Gen-res anzutreffen und für Brăiloiu ein Beleg für die systematische Geschlossenheit ei-nes streng durchgehaltenen Regelwerks in der Volksmusik.167 1.6.2 AksakDer aus der türkischen Musikwissenschaft übernommene Begriff »Aksak« wird mit »Hinken« übersetzt und bezeichnet ein Metrum, das durch die konsequente Ver-wendung zweier unsymmetrischer Dauern entsteht. Als metrische Grundeinheit gelten Schläge unterschiedlicher Länge im Verhältnis 2:3, die beliebig kombiniert werden, z. B.: . Denkbar sind neben dem dreiteiligen Metrum auch einfache oder doppelte: . Brăiloiu errechnet aus den Modellmög-lichkeiten eine Gesamtheit von 1844 Taktvarianten.168Mit dem Terminus »Aksak« ersetzt Brăiloiu die zuvor von Bartók z. B. in dessen Mikrokosmos und Streichquartett Nr. 5 verwendete Bezeichnung »bulgarischer Rhyth-mus«,169 da Aksak allgemeiner sei und verschiedene, weniger festgelegte, doch je-weils unteilbare rhythmische Strukturen bezeichne, etwa die Taktarten 2+3, 2+2+3, 3+2+2, 2+2+2+3 oder 4+3+3. Zudem sei der Rhythmus zwar von bulgarischen Musik-wissenschaftlern zuerst präzise untersucht und beschrieben worden, doch sei diese regionale Eingrenzung irreführend, da der »hinkende« Rhythmus in vielen Ländern aufzufinden sei, darunter Rumänien, Albanien, Armenien, bei den Tuaregs und so-gar auch im Baskenland und in der Schweiz. »Thus, nothing authorizes the attribu-tion of the aksak to any particular country.«170 Trotz der Asymmetrie weist der Aksak zugleich große Gleichförmigkeit auf, da er, ebenso wie binäre und ternäre Metren, aus der stereotypen Wiederholung ele-mentarer rhythmischer Gruppen eine taktartige Gliederung bildet. Aufgrund dieser Regelmäßigkeit wird die Herkunft des Aksak in der Tanzmusik gesehen, in der Vo-166Vgl. Brăiloiu, The syllabic giusto, 1984, S. 197ff.167Vgl. a.a.O., S. 168.168Vgl. Brăiloiu, Constantin: Aksak rhythm (Paris, 1951), in: Ders., 1984, S. 137.169Vgl Bartók, Béla: »The so-called bulgarian rhythm« (1938), in: Ders., 1976, S. 40–49.170Brăiloiu, Aksak rhythm, 1984, S. 133.