1.9 Volksmusikalisches Instrumentarium 115Instrumentale Besonderheiten spiegeln sich in den volksmusikalischen Skalen wi-der, die als spezifische Melodik auch auf anderen Instrumenten erkennbar sind. So weist die übliche rumänische Panflöte 20 Rohrflöten mit einer diatonischen Skala von h’ bis g’’’’ auf, lediglich das f entfällt, es wird immer durch fis ersetzt. Traditio-nell erklingen die Instrumente solistisch, während das Zusammenspiel im Ensemble Kennzeichen der neueren Lăutari-Spielweise ist. Zur einfachen Begleitung dienen seit der Antike die Kurzhalslaute »cobza« und das Zymbal, Instrumente, die inzwi-schen als typisch vor allem für das Lăutari-Taraf gelten. Die acht bis zwölf Saiten der cobza sind in vier Chören zu je zwei bis drei Saiten mit je einer um eine Oktave tieferen Saite gespannt. Abgesehen von regionalen Differenzen sind sie in Quinten und Quarten (d-a-d-g) gestimmt, woraus die typische Țiitur- Begleitfigur resultiert. Nur sehr selten werden auf der cobza Melodien intoniert, da dies aufgrund des ex-trem kurzen Halses sehr schwierig ist. Im Taraf wird die cobza inzwischen weitge-hend durch eine Gitarre mit zwei oder drei Saiten in variabler Stimmung ersetzt. Auch das Zymbal, »țambal«, »cimbalom« oder »dulcimer« ersetzt teilweise die cobza und ist zum typischen Lăutari-Instrument geworden; es wird inzwischen je-doch häufig von Akkordeon abgelöst. Aus den 20–35 Saitenbahnen des Brettes, in den hohen Lagen mehrchörig, ergibt sich die typische virtuose Țiitura als Beglei-tung von Hora- und Sîrba-Tänzen. Auf cobza und țambal sind als typische Begleitformeln auch von ihren Nachfol-geinstrumenten übernommene Bordun-Quinten, Ostinati, Wechselbässe zurückzu-führen.Das dominante Melodieinstrument der Lăutari, teilweise noch aus der Bauern-tradition, ist die Geige. Bautechnik, Spielweise und mehr als 30 Stimmungen variie-ren ebenso wie die neben »vioară« üblichen Bezeichnungen.207 Teilweise sind unbe-rührte, mitklingende Resonanzsaiten üblich, ebenso Scordatura, da die typischen Lăutari-»Sounds« nicht mit reinen Quinten erreicht werden. Begleitfiguren über-nimmt die »brace«, die nicht Viola im eigentlichen Sinne ist, sondern eine Geige von einfacherer Bauweise oder die dreisaitige »săcunda«, bei der mittels eines niedrige-ren Stegs die Saiten, meist g-d’-a’, gleichzeitig als Dreiklang gestrichen oder gezupft werden. Der begleitende, oft nur zwei- bis dreisaitige Kontrabass wird gezupft, col legno geschlagen, oder der Resonanzkörper wird perkussiv verwendet. Wiederum gibt der Bau der Instrumente die harmonischen Gestaltungsmöglichkeiten und Arti-kulationsweisen vor, die als spezifisch erkennbare Elemente auch bewusst Eingang in zeitgenössische Kompositionen finden. Blasinstrumente sind mit in die Lăutari-Tradition eingegangen. So hat sich aus der bäuerlichen, mit dem arabischen zurna verwandten Doppelrohrblattinstrument »surla« in Ungarn das »taragot« oder »torogoata«, mit einfachem Zungenblatt und Klangregistern von Klarinette, Oboe, Saxophon und Fagott, entwickelt. Im Taraf werden Doina-Melodien ebenso wie schnell-virtuose Tänze vom taragot gespielt.207Vgl. III.1.3 »Die Lăutari«.