126Entwicklung der rumänischen nationalen Schulesein für deren Unterscheidung von der ursprünglichen Volksmusik des Landes be-steht.29 Erst allmählich entsteht das Bedürfnis nach kompositorischer Verbindung »importierter« akademischer und »autochthoner« Volksmusik aus dem ländlichen Umfeld. 2.4 Wegbereiter der rumänischen NationalschuleDie Generation der um die Mitte des 19. Jahrhunderts aktiven Musikschaffenden wird noch nicht der Nationalschule zugerechnet, da ihre musikalische Orientierung, ausgebildet ausschließlich an ausländischen Konservatorien vor allem in Wien und Paris, nicht zu einer Schule bildenden Verbindung der autochthonen Volksmusik mit der westeuropäischen Klassik führt. Die Komponisten dieser Generation voll-bringen jedoch die institutionelle Aufbauarbeit einer musikalischen Infrastruktur als Voraussetzung für eine musikalische Ausbildung in Rumänien, und durch ihre gleichermaßen kompositorische, interpretatorische wie auch organisatorische und pädagogische Arbeit können sie in mehrfacher Hinsicht als die Wegbereiter der ru-mänischen Nationalschule gelten. Einige kurze Beispiele zeigen schlaglichtartig die-se Anfänge in der Ambivalenz zwischen westeuropäischen und rumänischen Tradi-tionen, ohne dass an dieser Stelle eine ausführliche Darstellung möglich wäre: Von Johann Andreas Wachmann (1807–1863) ist mit Armonii din Valahia. Cântece populare ale românilor (Klänge aus der Walachei. Volksgesänge der Rumänen) ein frühes Interesse an volksmusikalischen Melodien belegt und stammen die ersten Opern-kompositionen. Carol Mikuli (1821–1897), Klavierschüler von Frédéric Chopin und Herausgeber von dessen Klavierwerk bei Kistner in Leipzig (1879), ist Direktor des Lemberger Konservatoriums und des Galizischen Musikvereins. Eine schon als »Operette« betitelte Form, die »operetă-vrăjitorie natională«30 Baba Hârca (1848), stammt von Alexandru Flechtenmacher (1823–1898). Eduard Wachmann (1836–1908) verdeutlicht als Gründer der Philharmonischen Gesellschaft und Dirigent ih-rer Symphoniekonzerte, als Direktor des Konservatoriums und Leiter des Kirchen-chors der Metropolie, dem Aufsichtsbezirk des Bischofs, die personellen Verbindun-gen zwischen kirchenmusikalischer und akademischer Musikkultur.31 Ein rumänisches »Kolorit«, eine Färbung der überwiegend an westlichen sym-phonischen, kammermusikalischen, Chor- und Sololied-Gattungen orientierten Kompositionen dieser Generation wird vor allem durch Bezugnahme auf Melodien aus der städtisch und orientalisch beeinflussten Volks- und Tanzmusik erzielt. Erste volksmusikalische Sammlungen in Rumänien und im osteuropäischen Ausland er-folgen etwas später durch Teodor Burada (1839–1923), dessen musikethnologische und musikhistorische Veröffentlichungen eine wichtige Fachgrundlage für die Her-ausarbeitung eines Nationalstils bilden werden. 29Vgl. auch ebd.: »eine wissenschaftliche Unterscheidung zwischen ländlicher und städtischer Folklore war fast unmöglich« und III.1 »Kennzeichen der Volksmusik in Rumänien«.30»Nationale Zauber-Operette«.31Vgl. Flesch, 1960, S. 111.