2.5 Die erste Generation der rumänischen Nationalschule131Normale de Musique und als Musikrezensent des »Figaro« niederlässt. Von pro-grammusikalischem nationalen Ausdruck zeugen zahlreiche seiner Werke, darunter z. B. sein Klavierkonzert Concertul carpatic, seine Symphonie »în stil românesc«, Lău-tarul și Cobzarul, dansuri românești pentru orchestră und seine auch von Lipatti rezen-sierte Cellosonate.56 Lipattis erster Lehrer Josif Paschill (1877–1966) hat, ebenso wie seine spätere Lehrerin Nadia Boulanger, Orgel und Komposition bei Fauré studiert. George Enescu, dem unter III.3.1.2 ein eigenes Kapitel gewidmet ist, da er von direktem Einfluss auf Lipatti ist, bildet in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahmeer-scheinung seiner Generation. Aufgrund seiner außerordentlichen Begabung wird er nach ersten bei einem Lăutar seines Dorfes erworbenen Grundkenntnissen als Wun-derkind ausschließlich in Wien und Paris ausgebildet, zunächst bei Joseph Hellmes-berger junior (Violine) und Johann Nepomuk Fuchs (Komposition), ab 1894 bei An-dré Gédalge, Jules Massenet und Gabriel Fauré. Er setzt kompositorisch, interpreta-torisch und auch durch sein organisatorisches Engagement die größten National-schulimpulse und gilt Zeit seines Lebens in Westeuropa und Rumänien als gleicher-maßen etabliert. Erst Enescu wird die in Wien und Paris erworbenen Fundamente mit formalen Aspekten verbinden, die genuin der rumänischen Volksmusik ent-stammen und damit das Fundament für einen »rumänischen Stil« legen.Dimitrie Cuclin (1885–1978) studiert ebenfalls in Paris bei Charles-Marie Widor am Conservatoire und bei Vincent d’Indy an der Schola Cantorum. Neben seinem umfangreichen kompositorischen Werk gewinnen seine musikästhetischen Schriften an Bedeutung. Zu den Schülern d’Indys an der Schola Cantorum gehören auch Ion Nonna Otescu (1888–1940), Ioan Chirescu (1889–1980) und Mihail Andricu (1894–1974), der außerdem bei Fauré studiert. In Deutschland studieren Constantin Nottara (1890–1951), der zeitweise in Berlin lebt, Komponist einer Oltenischen Rhapsodie (1945) und Mihail Jora (1891–1971), der bei Max Reger in Leipzig, später bei Florent Schmitt in Paris studiert und dem als Lehrer Lipattis unter III.3.1.1 ebenfalls ein eigenes Kapi-tel gewidmet ist. In Wien studieren Marțian Negrea (1893–1973) und Ludovic Feld-mann (1893–1987). Filip Lazăr (1894–1936), der zunächst in Leipzig bei Stephan Krehl und Robert Teichmüller studiert, lässt sich 1928 in Paris nieder und gehört dort zu den Gründungsmitgliedern der auch für Lipatti bedeutsamen Musikerverei-nigung »Triton«.57 Auch Marcel Mihalovici (1898–1985), der 1955 die französische Staatsbürgerschaft annimmt, ebenfalls Mitgründer von »Triton«, wird in direktem Kontakt zu Lipatti stehen. Er studiert bei Cuclin und Robert Cremer in Bukarest so-wie bei d’Indy in Paris. Zu den herausragenden Musikinterpreten gehört Aurelia Cionca (1888–1962), die als pianistisches Wunderkind schon früh internationale Berühmtheit erlangt. Nach dem Ersten Weltkrieg wird ihr Haus zum Treffpunkt rumänischer und inter-56Vgl. Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 231.57Vgl. Jäger, Monika: Die Société »Triton« und die rumänischen Komponisten zwischen 1919 und 1939 in Paris, in: George Enescu în perspectivă contemporană, simpozioanele internaționale de muzicolo-gie »George Enescu« 2001, 2003, Bukarest 2005, S. 310ff.