2.5 Die erste Generation der rumänischen Nationalschule149– die Eigenständigkeit in dieser Balance von Altem und Neuem, Schöpferischem und Distanz, mit der die Abgrenzung vom Epigonentum geschieht;– die Betonung der Progressivität des Anliegens der Wieder- und Neubelebung der Mu-sik aus der als Stillstand empfundenen nachromantischen Bewegung;– »die Idee, daß Musik an und für sich Musik ist, und nichts anderes«,156 das Anliegen der absoluten Musik gegenüber dem als metaphysisch überladen empfundenenKunstideal der Romantik. Der Ursprung des französischen Neoklassizismus ist eng verknüpft mit einer histo-rischen Abgrenzung von deutschen Einflüssen auf die Musikentwicklung: Um 1900 verwenden französische Komponisten wie Vincent d’Indy oder Claude Debussy den Ausdruck »néo-classique« zur Abwertung von Komponisten um Brahms als »néo-Beethovénien«157 und monieren damit gleichzeitig die Dominanz deutscher Einflüsse auf die europäische Musik des 19. Jahrhunderts. Darin zeigen sich nicht zuletzt die Nachwirkungen des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 und die be-stehenden nationalen Ressentiments zur Zeit der Jahrhundertwende. Damit trägt der Begriff des Neoklassizismus zunächst polemisch abklassifizierende Züge, im weiteren Verlauf erwächst jedoch die konträre Auffassung des Begriffes »classicis-me«, ebenfalls national motiviert, doch wertfrei und positiv konnotiert auf spezi-fisch französische Wurzeln der Musikentwicklung zielend. Keineswegs auf die Zei-tepoche der Klassik beschränkt, ist der Klassik-Bezug einer der stilistischen Prä-gung: »toute musique qui vise à la perfection, tout langage qui observe sobriété et équilibre, solidité et simplicité«158 – reduzierte Mittel und eine transparente Klang- und Formbalance werden als Identitätsmerkmal und Abgrenzung gegenüber der deutschen zeitgenössischen Musik verstanden.159 Wegbereiter des Klassizismus ist auch die »Groupe de Six« mit ihrem Manifest: »Die echten französischen Traditionen müssen wieder aufgenommen werden, die auf der Scheu vor der Emphase und der gefühlsmäßigen Übertreibung be-ruhen. Es gilt allen romantischen Geist zu verbannen und das rechte Gleichge-wicht von Gefühl und Vernunft herzustellen, das den französischen Klassizis-mus kennzeichnet«.160 In der aufkeimenden öffentlichen Auseinandersetzung wehren sich die »Six« aller-dings gegen den Terminus ›Neoklassizismus‹: »Il faut bien que l’on sache que per-156Busoni, 1951, S. 298.157Vgl. Bandur, 1995, S. 281.158Dufourcq, Norbert: Classicisme, in: Larousse da la musique, Paris 1957, Bd. 1, S. 201; »alle Musik, die auf Perfektion abzielt, alle Sprache, die Schlichtheit und Gleichgewicht, Solidität und Einfachheit be-wahrt«. 159Vgl. Bandur, 1995, S. 280ff.160Zit. nach Stuckenschmidt, 1951, S. 125.