170Entwicklung der rumänischen nationalen Schulebis Juni 1936, das mit einem Festival am 10.06.1936 endet, als einziges Porträtkon-zert allein den Werken George Enescus gewidmet.278 Das Bemerkenswerte an »Triton« ist die bewusste Verschränkung von französi-scher und nicht-französischer Musik der Moderne und damit das Interesse an der Gegenüberstellung unterschiedlicher nationaler und europäischer Horizonte. Die national geprägte Idiomatik dieser Komponisten findet in der französischen Öffent-lichkeit Interesse. Pierre-Octave Ferroud z. B. lobt in einer Rezension die subtile ru-mänische Färbung in den Werken Mihalovicis: »Keine unmittelbaren Anleihen bei populären Themen, sondern der Eindruck einer latenten Folklore, die wie der näh-rende Humus ist …«279 Er geht noch weiter und schreibt diesen Komponisten Be-deutung auch für die französische Musikentwicklung zu als »Basis einer wirklichen europäischen Renaissance für eine […] neue Klassizität«.280 Für den »Classicisme« sieht er nicht nur eine spezifisch französische, sondern eine übergreifend romani-sche Wurzel, die den südeuropäischen Kulturraum einschließlich Rumänien verbin-de, die sogenannte »Latinité«.281 In der gleichnamigen Pariser Zeitschrift werden die ästhetischen Positionen von »Classicisme« und »Latinité« diskutiert, die dabei wiederum stark national-ideologische Züge tragen.282 Doch zeigt sich hier ein ge-meinsames kulturelles Anliegen, das der musikalischen Öffentlichkeit vorgestellt wird.Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bedeutet das Ende von »Triton«. In den sieben Jahren seines Bestehens ist dieser Zusammenschluss ein wegweisendes Fo-rum für das kompositorische Selbstverständnis unterschiedlicher nationaler Musik-kulturen mit dem Blick auf eine gemeinsame europäische Moderne im Rahmen des französischen Musiklebens. Lipattis Interesse an zeitgenössischen Kompositionen lässt sich auch in zahlrei-chen Rezensionen für die Bukarester Zeitung »Libertatea« erkennen, wo er etwa »das Fehlen elementaren Mutes« kritisiert, das dazu führe, dass die Öffentlichkeit »nahezu vollständig desinteressiert einem neuen Werk gegenübersteht«.283Ein weiteres Podium für das internationale und auch zeitgenössische Musikle-ben in Paris ist die Weltausstellung im Sommer 1937, auf der auch Rumänien seine Kultur präsentiert. Zu hören sind in diesem Rahmen zahlreiche Werke rumänischer Komponisten, wie auch einem Bericht Lipattis an seinen Freund Miron Șoarec ent-nommen werden kann: 278Das Programm wird unterschiedlich wiedergegeben, vgl. Bărgăuanu / Tănăsescu 1991, S. 51, Tomes-cu, Vasile: Filip Lazăr, Bukarest 1963, S. 56 und Mihalovici, 1990, S. 18.279In der Zeitschrift »Latinité«, April 1930, zit. nach Melkis-Bihler, 1995, S. 249 (Übersetzung des franzö-sischen Originals von Melkis-Bihler).280Ebd., zit. nach a.a.O., S. 250; (Übersetzung des französischen Originals von Melkis-Bihler).281Vgl. a.a.O., S. 250ff.282So z. B. in den fundamentalen Bezugskategorien »notre race«, »injonctions de la race et de l’hérédité«, »on peut être un grand germain […] sans perdre pour cela les attributs de la barbarie« zit. nach a.a.O., S. 251ff. 283Rezension vom 20.05.1939 in der »Libertatea«, in: Bărgăuanu / Tănăsescu, 2000, S. 268 ; »lipsa unui curaj elementar« ; »se dezinteresează aproape total când e vorba de lucrare nouă«.