220WerkanalysenIm Gegensatz zu Joras zurückhaltendem Harfeneinsatz steht in Şătrarii das Klavier an dieser Stelle solistisch im Vordergrund, auch wenn es sich gleichzeitig thema-tisch, als fluktuierender Klangteppich, zurücknimmt. Die Tatsache, dass sich Lipatti trotz der bewussten Andeutungen auf Harfe und auch Celesta im Gegensatz zu Jora und Lazăr gegen beide Instrumente entscheidet, gibt einen Hinweis auf die Bedeu-tung, die der Pianist Lipatti dem Klavier beimisst: Es ist das maßgebliche Instru-ment für die klangliche Spezifik an diesem zentralen Einschnitt, stellt dessen klang-liche Vielschichtigkeit heraus, während die Imitation typischer Gesten von Harfe, Celesta oder Zymbal gleichzeitig eine abstrahierende Loslösung von semantisch all-zu festgelegtem Instrumentarium vornimmt. Als explizite Spielanweisung »quasi celesta« wird sich ein vergleichbares Vorgehen im Mittelsatz der Symphonie Concer-tante finden, wodurch sich das klangliche pianistische Erproben aus den frühen Şătrarii als bedeutungsvoll für Lipattis weiteren kompositorischen Weg erweist.Eine weitere Parallele zu Jora zeigt sich gegen Ende des Satzes »Idilă la Floreas-ca«, wo eine Reminiszenz an das verkürzte Anfangsthema in der Solovioline als Schlusswirkung im viertletzten Takt des langsamen Satzes in Schrittfolge und Klangwirkung des hohen Geigensolos Ähnlichkeiten zu der von einer aufleuchten-den Violinpassage geprägten Schlussbildung in Joras drittem, ebenfalls langsamem Satz aufweist:Notenbeispiel 38: D. Lipatti: Şătrarii, Biblioteca Uniunii Compozitorilor și Muzicologilor din România (Nr. 2427), 2. Satz, Takte 143–146/1, Streicher.