2.1 Frühe Werke der Stilorientierung221Notenbeispiel 39: M. Jora: Privelişti moldoveneşti, Symphonische Suite op. 5, Editura de stat pentru Literatură și Artă, 1954, 2. Satz, Takte 105–106/1, Streicher. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Editura Muzicală.Lipatti zielt hier offenbar bewusst auf eine bei seinem Lehrer »bewährte« Klangwir-kung, auf ein Verfahren, das er jedoch mit seinem Material auf eigene Weise aus-prägt. Mit Glissando-Läufen und chromatischen Motivführungen, markanten Ein-sätzen, mit Schärfen extremer Höhe der Piccoloflöte und Flatterzungen-Artikulation nutzt er auch in diesem Satz weitere Ausdruckselemente, die sich als effektvoll im Kontext dieser Programmmusik bewährt haben. Kennzeichnend für Lipattis symphonische Konzeption sind immer wieder kam-mermusikalische Passagen von Holzbläsern und Streichern, also auch typischen Lăutari-Instrumenten, solistisch an exponierten Stellen, bevor sich der Satz phasen-weise orchestral verdichtet, aber unter immer wieder reprisenhafter Rückkehr zum 6/8-Thema. Das Urteil von Bărgăuanu und Tănăsescu, »meditativ […] »très inspirée mais un peu longue«,12 bezieht sich vermutlich gerade auf dieses instrumentale Wechselspiel.Im Finalsatz »Chef du Lăutari. Beție« ist in Streichern und Klavier eine geradezu prototypische Ţiitură angelegt mit der Spielanweisung »battuta«, also klarer Akzen-tuierung. Geradezu bezeichnend für den Lăutari-Stil erklingt die mobile siebte Stufe als Wechselnote in einem unablässig variierenden Aufbau: 12Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 199; »sehr inspiriert, aber etwas lang«.