224WerkanalysenNotenbeispiel 43: M. Jora: Privelişti moldoveneşti, Symphonische Suite op. 5, Editura de stat pentru Literatură și Artă, 1954, 2. Satz, Takte 83–84, Celesta, Harfe, Violine I und II. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Editura Muzicală.Alle drei Werke verbindet die breit angelegte Symphonik. Während die Werke der arrivierten Komponistenpersönlichkeiten Jora und Lazăr von Stilsicherheit, persön-licher Klangspezifik und ausgewogener Ausdruckskraft zeugen, ist Lipattis Kompo-sition deutlich als Frühwerk zu erkennen. Şătrarii ist ein souveräner Schritt aus dem Rahmen eines »Schülerwerks« hinaus, doch es entsteht in einer Phase des komposi-torischen Werdegangs, die mehr noch als von persönlicher Stilsuche von dem Be-mühen um stilistische Annäherung an die Meisterwerke seiner Vorbilder als Maß-stab der Nationalschule geprägt ist: Der Erwerb einer der derzeitigen Nationalschu-le entsprechenden programmmusikalischen Tonsprache, gekennzeichnet von ein-deutiger tonaler Gebundenheit, dissonant erweiterter Harmonik, orchestral homo-phoner Satztechnik ebenso wie fugal-imitierender, komplexer Klangaufbauten, far-biger, auch lautmalerisch eingesetzter Instrumentierung mit plakativer Ausdrucks-kraft, die orchestrale Effekte zu setzen weiß. Der Versuch der stilistischen Annähe-rung an das konkrete Vorbild Jora wird hier stärker deutlich als in jeder andere Komposition Lipattis, verbunden mit dem Bemühen um eine möglichst ausdrucks-starke Arbeit mit volksmusikalischen Materialien. Die Nähe zu Jora zeigt sich vor allem in der Überführung der Lăutari-Elemente in eine symphonische, noch klas-sisch-romantisch orientierte Sprache, und dennoch nicht als Kopie seines Lehrers, sondern als erkennbares Produkt eines angeeigneten, von einer bestimmten Person angestoßenen Lernprozesses, der an Kriterien einer bildhaften Sprache, klarer for-maler Struktur, programmatisch sprechender Orchestrierung ausgerichtet ist. Indi-viduelle Unverwechselbarkeit und Unabhängigkeit im Sinne originell gewählten