226Werkanalysengründen mit den Kennzeichen chromatisierter Modi, kontrapunktischer Entwick-lungen und einer »atmosphère d’humour populaire«19 ihre Feststellung, Şătrarii »place bien le jeune Lipatti dans le contexte de l’école roumaine (citons Enesco et Jora, mais aussi Theodor Rogalski ou Filip Lazăr).«20 Im Vergleich mit Rogalskis grotesk-effektvollen Symphonischen Skizzen Înmormântare la Pătrunjelu (»Begräbnis in Pătrunjelu«) und Paparudele (»Regenbeschwörer«) (1929), in denen mittels mar-kanter Brüche, Vierteltönigkeit und natürlich-untemperierter Intonation z. B. im Blech als dadurch authentischem Volksmusikinstrumentarium eine interpretieren-de, teils ironisch-karikierende Perspektive mit durch Schärfen und Verzerrung auf-gebauter Distanz auf den Topos der »Țigani« und etwas musikalisch Neues ent-steht, wird die Beschränkung auf die noch rein illustrierende und idyllisierende, phantasievoll-verträumte Darstellung in Lipattis Şătrarii allerdings besonders deut-lich. Das zu dieser Zeit nicht nur bei rumänischen, sondern auch ungarischen, österrei-chischen, spanischen oder französischen Komponisten beliebte Topos der »Țigani« verdeutlicht jenseits der vergleichenden musikalischen Analyse auch zeitgeschicht-liche ästhetische Positionen und gibt Anlass für Debatten innerhalb der nationalen Schule: Der rumänische Musikwissenschaftler und Komponist Vasile Vasile bezeichnet »die Aspekte aus dem Leben der Țigani«21 als beliebtes Thema auch in Literatur und Malerei der Zwischenkriegszeit. Als Hauptwerke für die musikalische Verar-beitung des Sujets in Rumänien nennt er die folgenden fünf symphonischen Kom-positionen: Der bereits genannte Finalsatz »Alai, ţigănesc« aus der Orchestersuite Privelişti moldoveneşti (1924) von Mihail Jora, das ebenfalls schon erwähnte Orches-terscherzo Tziganes von Filip Lazăr (1925), die symphonische Dichtung Ţiganii von Alexandru Zirra (1929), die zwei Symphonischen Skizzen Înmormântare la Pătrunjelu (»Begräbnis in Pătrunjelu«) und Paparudele (»Regenbeschwörer«)22 (1929) von Theo-dor Rogalski und eben die symphonische Suite Şătrarii von Dinu Lipatti (1934).23 Vasile sieht in der Freundschaft zwischen Jora und Lazăr eine mögliche Quelle ge-genseitiger Inspiration, während unklar sei, ob Zirra die Werke von Jora und Lazăr gekannt habe.24 In Bezug auf Lipatti stehen persönliche Einflüsse durch Jora und Lazăr fest, ungewiss ist, ob er Zirras Werk gekannt hat.19Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 199; »Atmosphäre von volkstümlichem Spaß«. 20Ebd.; »stellt den jungen Lipatti ganz in den Rahmen der rumänischen Schule (zu nennen mit Enescu und Jora, aber auch Theodor Rogalski oder Filip Lazăr).« 21Vasile Vasile: Alexandru Zirra: Ţiganii, Manuskript o. J., Biblioteca Uniunii Compozitorilor și Muzi-cologilor din România, Nr. 24346, Bd. II, S. 269; »aspecte din viaţa ţiganilor«.22Das Ritual wird meist von Roma-Frauen ausgeübt.23Vgl. Vasile, o. J., S. 269.24Vgl. a.a.O., S. 270.