2.1 Frühe Werke der Stilorientierung231 »Chef cu Lăutari« im Rahmen der Weltausstellung in Paris, wo es im selben Jahr sogar mit der Médaille d’argent de la République française ausgezeich-net wird, und wird in den USA unter Enescus Leitung gespielt. Şătrarii wur-de nicht ediert, doch aufgeführt in Rumänien und im Ausland unter Leitung Joras, Enescus,48 Georgescus und Ansermets,49 der Şătrarii auch im Schwei-zer Gedenkkonzert anlässlich des zehnten Todestages von Lipatti am 02.12.1960 dirigiert.2.1.2 Beginnende Orientierung am Neoklassizismus: Concertino en style classique op. 3Im Herbst 1934 beginnt Lipatti sein Klavier- und Kompositionsstudium in Paris. Das im Jahr 1936 entstehende Concertino en style classique pour piano et orchestre de chambre zeugt von einer deutlichen Veränderung seiner kompositorischen Sprache hin zum Neoklassizismus, von dessen pädagogischen und kompositorischen Ver-tretern Nadia Boulanger und Igor Strawinsky er jetzt unterrichtet wird.50 Das seiner ehemaligen Klavierprofessorin Florica Musicescu gewidmete Concertino en style classique ist Teil eines enthusiastischen Neuanfangs nach einer von Lipatti beklagten Phase der kompositorischen Stagnation zu Anfang seines Pariser Studiums. Das Werk ist der Beginn einer regen Schaffensphase in verschiedenen Genres, maßgeblich angestoßen durch Nadia Boulanger, die Lipatti als seine »mère spirituelle«51 bezeichnen wird. Die vorübergehend fast vollständige Abkehr von rumänischen Ausdrucksele-menten, vom »style roumain« zu Gunsten eines universell ausgerichteten »style classique«, wird sich im Laufe des sehr produktiven Jahres 1936 in den Werken Al-legro pour clarinette et basson, Concertino en style classique pour piano et orchestre de chambre, Toccata pour orchestre de chambre und auch der Fantaisie pour violon, violoncel-le et piano zeigen. So schreibt Lipatti an seinen ehemaligen Lehrer Mihail Jora nach Rumänien: »Le concerto je le vois en style classique. C’est un domaine qui m’offre pour le moment des ressources inattendues. La Toccata est écrite dans le même style.«52 Und Lipattis Freund Miron Şoarec erinnert sich: »In den Jahren 1934–36 hat Dinu einige Kompositionen skizziert, denen er noch nicht die endgültige Form gegeben hat. In dieser Zeitspanne hat er auch das Concertino en style classique angefangen, zunächst unter dem Titel Suite en 48Vgl. CD TAH 426.49Vgl. CD ARC 112/113.50Vgl. II.2 »Paris 1934–1939«, III.3.2.2 »Igor Strawinsky« und III.3.2.3 »Nadia Boulanger«.51M. Lipatti, 1970, S. 12.52Brief vom 05.04.1936 an Mihail Jora, zit. nach Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 51; »Das Concerto sehe ich im klassischen Stil. Das ist ein Bereich, der mir im Augenblick unerwartete Möglichkeiten auf-zeigt. Die Toccata ist im gleichen Stil geschrieben.«