2.1 Frühe Werke der Stilorientierung235Notenbeispiel 46: D. Lipatti: Toccata pour orchestre de chambre, Biblioteca Uniunii Compozitorilor și Muzicologilor din România (Nr. 3372), 2. Satz, Takte 1–3.Im dritten Satz kommt die Artikulation einer tänzerischen Menuett-Melodie dem Charakter eines Scherzos von Haydn nahe. Durch rasche Umspielungen in Sechzehntelläufen der Klavierstimme verbindet sich die grazile Tanzmelodie mit Ornamentik und motorisch pulsierendem Bewegungsfluss. Im Mittelteil, dem die Stellung eines Trio zukommt, erfolgt der im Concertino en style classique einzige harmonische und rhythmische Bruch mit dem historisierend vorgestellten Rahmen: In der Melodieführung wird Verfremdung vor allem durch Synkopierung und das Spiel mit der Fluktuation von großer und kleiner Terz im Dreiklang e - g / gis - h erzielt, und die anfangs grazilen Begleitfiguren verselbstständigen sich hin zu unbeweglich-dominanten Wechselbassmotiven, teilweise ostinat, teilweise in hemiolischer Umdeutung des Metrums. Das Mittel der rhythmischen Verschiebung wird an dieser Stelle thematisch angewendet, derart, dass die Fortspinnung im Klavier beim zweiten Mal um eine Achtelnote rhythmisch versetzt erklingt, bei gleichbleibender Schwerpunktsetzung der harmonisch veränderten Begleitstimmen. Das ursprüngliche Menuett-Scherzo-Material wird zum Teil verfremdet, zum Teil in einzelne Bruchstücke aufgespalten und verliert sich in polymetrischen und polytonalen Strukturen. So zeigt sich in diesem 48taktigen Trio ein rhythmisch und tonal verfremdender Neoklassizismus, der auf die Moderne verweist und in den