2.2 Weitere Entwicklungsphasen des »style roumain«281– Instrumentierungen, deren Klangfarbe den volksmusikalischen Kontext asso-ziieren lässt, und Imitation durch den Einsatz von Bordunen, »Țiitură«-Be-gleitpatterns und anderen ostinaten Rhythmen.Die Verarbeitung erfolgt hingegen in neoklassizistischer melodischer und formaler Geschlossenheit mit streng polyphonen Passagen, klassisch-durchführender The-menarbeit, in der die Motivbausteine griffig erkennbar bleiben. Verfahren der the-matischen Verschmelzung, Überlagerung, Sequenzierung, Imitation, Modulation, Rückung oder rhythmischen Variation lassen den thematischen Kern doch unange-tastet. Die spezifisch rumänischen Elemente liegen also im Motivischen. Der Volks-musik verwandte Verfahrensweisen wie improvisatorische, sich verselbstständigen-de Variationsverfahren oder heterophone Verarbeitungsformen finden sich hier nicht. So steht das volksmusikalische Material gleichwertig neben klassizistischen Verarbeitungsweisen.Bezeichnend für Lipattis Personalstil durch die Häufigkeit auch in anderen Kompositionen sind folgende Merkmale: – Präsenz der »Formel der chromatischen Rückwendung« in jedem der drei Tänze mit unterschiedlicher Dominanz und kompositorischer Funktion,– die zum Teil aus der Volksmusik ableitbaren Chromatisierungen, entweder als tonal offene Begleitstrukturen, als Verfahren der Modulation oder ver-selbstständigt in eigenständigen Klangblöcken als Kulminationsphasen chro-matischer und stimmlicher Verdichtung,– Verfestigung eines verspielten »giocoso«-Stils, der elementar dem der neo-klassizistischen Werke Symphonie Concertante, Concertino en style classique oder der Trois Danses verwandt ist,– melodische und formale Geschlossenheit, stringente Aufbauten, die im Prin-zip der Wiederholung scheinbar simpler Bausteine redundante Verarbeitung gemäß den Tänzen der rumänischen Volksmusik mit subtiler, vor allem cha-rakterlicher Abwandlung verbindet,– bi- und polytonale Harmonisierungen mit Dissonanzen, die nicht in den ein-fachen melodischen Grundaufbau der Themen eingreifen, sondern diese to-nal öffnen,– Schnörkellos-geradliniger und diatonischer Themenaufbau, der seine Wir-kung maßgeblich durch präzise Ausführung der prägnanten Akzentsetzung erzielt und gerade durch die scheinbare Einfachheit eine Basis für charakter-verändernde rhythmische und tonale Verfremdung bietet, – Prägnanz der überwiegend verspielten Motivideen auch durch staccato- und Seccoartikulation,– die dialogische, phasenweise obligate Behandlung des Soloinstruments in der Orchesterfassung.