304WerkanalysenNotenbeispiel 87: Concerto pour orgue et piano, Biblioteca Uniunii Compozitorilor și Muzicologilor din România (Nr. 2692), 2. Satz, Takte 28–31.Die Ähnlichkeit der Satzstruktur mit dem Nocturne (en fa# mineur), das Lipatti weni-ge Monate zuvor im April 1939 komponiert, ist signifikant.172 Die auch weiterhin polyphon-imitierende Satzstruktur gewinnt durch dieses Fundament an expressiv-liedhaftem Ausdruck. Dieses Verfahren einer formal starr fixierten, doch in der Mi-krostruktur variierend-bewegten Grundierung kennzeichnet auch die Liedkomposi-tionen Lipattis. Der Fortgang bis zum Ende des Stückes ist auslaufend bis zum Stillstand, der durch immer längere Pausen vorbereitet wird. Die Endausläufer der retardierten Bewegungen finden in einem Schlussakkord zusammen, der durch die Überlage-rung der Quinten a-e, d-a und c-g harmonisch offen ist. Das kurze Andante cantabile setzt einen Pol des Innehaltens zwischen zwei be-wegte Sätze. Ähnlich wie in der Symphonie Concertante oder dem Nocturne en fa# mi-neur geschieht dies motivisch mittels statischer und kreisender Bewegungen und durch einen metrischen Schwebezustand, der durch Tonrepetitionen, veränderte Taktschwerpunktsetzung und unregelmäßige Taktwechsel zwischen 2/4 und 3/4 er-reicht wird. Pușcaș weist diesem Satz recht pauschal einen impressionistischen173 Aus-drucksgehalt zu und bezieht sich damit vermutlich auf die flächige Klangstruktur dieses Satzes.172Vgl. auch ebd. Mit Rückbezug zu dem nach Lendvai vorgestellten Achsensystem diatonisch-chroma-tischer Verschränkung sei außerdem angemerkt, dass bei der tonalen Beziehung dieser beiden Werke wiederum eine Tritonus-Verwandtschaft der Tonika-Achse, fis-Moll – C-Dur, zu erkennen ist.173Pușcaș, 1996, S. 43: »reminiscențe ale impresionismului francez«.