2.4 Werke der rumänisch-französischen Stilsynthese 3252.4 Werke der rumänisch-französischen Stilsynthese Auch wenn anhand der bereits vorgestellten Werke deutlich wurde, dass auch bei expliziter rumänischer oder französischer Schwerpunktsetzung niemals von einer Absolutierung der benannten Einflüsse gesprochen werden kann, sondern immer auch eine Wechselbeziehung zu der jeweils im Hintergrund stehenden »anderen« Musikkultur erkennbar ist, zeigt sich bei Lipatti doch noch ein weiterer komposito-rischer Ansatz: Dessen Besonderheit ist nicht die Verwendung sowohl rumänischer wie auch französischer bzw. westeuropäisch geprägter Elemente überhaupt, son-dern die Tatsache, dass die Verbindung beider Elemente offenbar gezielt dem Auf-brechen der ihr innewohnenden nationalen Spezifik dient. So charakteristisch man-che musikalischen Bestandteile auch sein mögen, geschieht gleichzeitig die Relati-vierung ihrer eindeutigen nationalspezifischen Zuweisung durch ihren komposito-rischen Zusammenhang. Andere Materialien wiederum negieren ihre eindeutige Festlegung von vornherein, indem sie aus verschiedenen Kontexten gleichermaßen schöpfen oder durch ihre Weiterentwicklung bereits einen Prozess der Verfrem-dung durchlaufen haben. Die folgende Betrachtung der fünf Werke Fantaisie pour violon, violoncelle et piano, Symphonie Concertante, Première Improvisation, Fantaisie pour piano solo und Aubade verfolgt dieses Streben nach Synthese als bemerkenswer-terweise zeitgleich zur kompositorischen Intensivierung von »style roumain« und »style français« verlaufenden Entwicklungsgang von Lipattis Pariser Studienzeit bis hin zu seiner letzten eigenständigen Komposition. 2.4.1 Fantaisie pour violon, violoncelle et pianoDie Fantaisie für Klaviertrio gehört zu den 1936 komponierten frühen Werken in Pa-ris und ist zumindest teilweise parallel entstanden zu dem Concertino en style classi-que, der Toccata für Streichorchester und dem kurzen Allegro für Klarinette und Fa-gott. Sie stellt Lipattis erstes Werk für diese Besetzung dar, der er drei Jahre später ebenfalls seine Première Improvisation widmen wird. Der Cellist Antonio Janigro erinnert sich an die gemeinsame Aufführung des Werkes:»A Paris, dans le cadre du Festival roumain (1937), j’eus l’honneur de partici-per, avec Dinu et Lola Bobesco, à la création en public du Trio que Dinu avait composé. Le travail approfondi de cette oeuvre me révéla les qualités excep-tionnelles du compositeur, qualités qui, hélas! n’eurent pas le temps donner une moisson plus riche.«214 214Janigro, 1970, S. 77; »In Paris hatte ich im Rahmen des rumänischen Festivals (1937) die Ehre, mit Dinu und Lola Bobesco an der öffentlichen Uraufführung des Trios, das Dinu komponiert hatte, teil-zunehmen. Die vertiefte Arbeit an diesem Werk offenbarte mir die außergewöhnlichen Qualitäten des Komponisten, Qualitäten, die, leider!, nicht die Zeit hatten, eine noch reichere Ernte zu erbrin-gen.«