2.4 Werke der rumänisch-französischen Stilsynthese 331Notenbeispiel 101: D. Lipatti: Fantaisie pour violon, violoncelle et piano, Conservatoire de Musique Genève, Bibliothèque (Rmg 618), 1. Satz, Takte 53–56.Vom Violoncello mit verwandter Melodieführung beantwortet und dialogisch in beiden Streichern ausgearbeitet, mündet das espressive Seitenthema ab Takt 85 pia-nissimo in ein sphärisches Ausklingen eines H9-Akkords. Die subito einsetzende forte-Reprise, teils mit getauschten Stimmelementen, bricht den lyrischen Mittelteil ab-rupt ab und beendet auch das abgespaltene Repetitionsmotiv des Klaviers. Wie in der Themenexposition und in einigen Passagen des Mittelteils wird die tragende Motivik im unisono verstärkt, eine in Lipattis Werk häufige Weise der markanten Hervorhebung, die die horizontale, melodische Konzeption der thematischen Anla-ge unterstreicht. So finden sich unisono-Verläufe vor allem in volksmusikalisch in-spirierten Passagen und sind Ausdruck der modalharmonischen Verarbeitung und Bezugnahme auf monodische Ursprünge. Der ab Takt 102 einsetzende Schlussauf-bau beruht auf den markanten Elementen von Anfangsthema und Fortspinnungs-teil und setzt kühne harmonische Wendungen. Sie entstehen wiederum aus der li-near konzipierten Verarbeitung der rhythmisch und zum Teil auch melodisch osti-naten Stereotype, die systematisch, doch sehr subtil-kleinschrittig chromatisch ver-ändert werden. Die dissonanten tonalen Strukturen, die auf diese Weise entstehen, resultieren folglich nicht aus der Erweiterung der Funktionsharmonik heraus, son-dern lassen das Denken in für die volksmusikalischen Motive typischen modalen Zusammenhängen erkennen. Modulationen werden wiederum über unvermittelte Rückungen sowie chromatische Verschiebungen vollzogen, so auch in der abschlie-ßenden Steigerung, bevor der Satz deklamierend-affirmativ endet.Andante Auch der langsame zweite Satz wird maßgeblich von ostinat-stereotypen Begleitfiguren geprägt, die zugleich dem Aufbau polytonaler Strukturen dienen: Der Klavierbass lässt zwei phrygisch abwärts führende Pentachorde – nach unten oktavverdoppelt von g bis c und von c bis F – aufeinander folgen, wodurch sich