348WerkanalysenIn diese Entwicklung fügt sich zunächst die triolische Begleitfigur des Anfangsthe-mas wieder ein, bevor in einer Reprise das Thema selbst ab Takt 92 im Klavier, vier Takte später in den Streichern, wieder dominiert und, durchzogen von rhythmisch starren Strukturresten, im Schlussaufbau kulminiert. Insgesamt sind vor allem rhythmisch ostinate Figuren von entscheidender Be-deutung für den Werkverlauf. Strawinskys Prinzip der Verwendung ostinater Strukturen als statischer Gegensatz zum Entwicklungsprinzip235 findet sich in die-sem Satz wieder, indem ihnen die polyphone und in ständiger Modulation begriffe-ne Themenarbeit gegenübersteht. Gerade die thematischen Schnittstellen werden durch die starre, polyrhythmische Figur vorbereitet.236 In diesem Ordnungsgerüst, erinnernd an den »Stil barbaro«,237 in der Bezugnahme auf historische Materialien und Kompositionsverfahren ist dieser Satz neoklassizistisch im Sinne Strawinskys konzipiert.Molto Adagio Der Mittelsatz bildet nicht nur in seinem langsamen Grund- und Aktionstempo und in der zurückgenommenen Dynamik einen Kontrast, sondern ebenso in seiner impressionistischen, fließend-fluktuierenden Klangentwicklung. Wieder wird die Dreiteilung des Satzes auch durch Taktwechsel angezeigt. Zu Be-ginn liegt das asymmetrische Metrum eines jeweils wechselnden 3/4 und 2/4-Taktes vor. Auch wenn dieses Schema nicht zum 5/4 zusammengefasst ist, ist die Parallele zu der Quintolenbewegung in der Motivik offensichtlich und trägt durch den Ver-zicht auf einen Taktschwerpunkt zum schwebenden klanglichen Aufbau bei. Notenbeispiel 112: D. Lipatti: Symphonie Concertante, Editura Muzicală, 1984, 2. Satz, Takte 1–3. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Editura Muzicală.235Vgl. Strawinsky, 1961, S. 179.236Vgl. Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 202.237Vgl. III.2.5.1.2.3 »Stil barbaro«.