356Werkanalysen2.4.3 Première ImprovisationDie Première Improvisation entsteht nach Lipattis Rückkehr aus Paris in der zweiten Jahreshälfte 1939 in Bukarest. Lipatti widmet sich damit zum zweiten Mal der Gat-tung des Klaviertrios, der er sich 1936 mit der umfangreichen Fantaisie pour violon, violoncelle et piano zugewendet hatte. Gewidmet ist die Première Improvisation Lipat-tis Freund Miron Şoarec mit seinem im Frühjahr 1939 gegründeten »Trio Bukarest«:245 »Wir baten ihn, etwas für unser Trio zu komponieren. Er lächelte über diese Idee, arbeitete aber gerade an den Nocturnes français für Klavier, deren erstes der gefeierten Pianistin Clara Haskil gewidmet ist. Er versprach, das Kompo-nieren eines Trios im Blick zu behalten, werde zunächst aber nur ein kurzes Stück für Trio schreiben. Und kaum zwei Wochen später brachte er mir die ›Première Improvisation (auf Bestellung!) für Violine, Violoncello und Klavier, ge-widmet Şoarec und Co. mit feierlichem Segen‹. Ich bedaure, dass die Umstän-de, der Krieg und sein Weggang in die Schweiz, meine Absicht verhinderten, ihn zum Schreiben eines Trio zu bewegen! Indessen bleibe ich mit dieser kurz-en Improvisation von subtiler Lyrik, die ich mit der Erinnerung an ihn verbin-de.«246 Musikalisch charakterisiert Şoarec das Stück als eine glückliche Verbindung der Klangregister von Geige und Violoncello, »beeinflusst von der französischen Schu-le«,247 deren sonore Anlage eine »meditative, bewegende Atmosphäre«248 kreiere. Bărgăuanu und Tănăsescu bezeichnen die Première Improvisation als »une es-quisse où les sonorités des instruments s’entremêlent dans une ambiance impres-sionniste avec des influences enesciennes.«249 Damit werden ihr die Züge einer Ver-schmelzung mehrerer Einflüsse zugesprochen, die Lipattis derzeitigem biografi-schen Hintergrund, der Rückkehr aus Paris nach Rumänien, entsprechen. 245Bestehend aus Şoarec, Garbis Avachian (Violine) und Serafim Antropov (Cello), vgl. Şoarec, 1981, S. 54. 246A.a.O., S. 55; »L-am rugat să compună ceva pentru trioul nostru. Ideia i-a surîs dar el avea în lucru Trei nocturne franceze pentru pian, prima fiind dedicată celebrei pianiste Clara Haskil. Mi-a promis că are în vedere compunerea unui trio dar, deocamdată va scrie o piesă scurtă pentru trio. Și peste vreo două săptămîni, Dinu mi-a adus ›Première improvisation (sur commande!) pour violon, violoncelle et pia-no, dediée a Şoarec et Co. avec ma solenelle bénédiction‹. Regret că împrejurările, războiul și plecarea lui în Elveția au fost potrivicne intenției mele de a-l determina să scrie un trio! Am rămas însă cu această improvizație scurtă, de un lirism subtil, pe care-o păstrez cu amintirea neștearsă a acestui mare muzician și prieten.« Şoarec verweist auf die Aufnahme des Trios bei »Electrecord« ECE 0628, vgl. a.a.O., S. 56.247A.a.O., S. 103.248A.a.O., S. 104.249Bărgăuanu / Tănăsescu, 1991, S. 191; »eine Skizze, in der die Klangfülle der Instrumente sich in ei-nem impressionistischen Milieu verwebt mit Enescu-Einflüssen.«