2.4 Werke der rumänisch-französischen Stilsynthese 359Die ersten 16 Takte zeigen eine extreme Reduktion der Mittel. So besteht die Gei-genstimme während der ersten acht Takte lediglich aus den drei chromatisch ab-wärts führenden Tönen cis, c und h als ganztaktige Liegeklänge auf der tiefsten Saite des Instruments und pausiert während der nachfolgenden acht Takte. Geigen- und Violoncellostimme ergänzen sich zu einem Liegeklangteppich, dann von Cello und unterer Klavierhand weitergeführt, wobei größere Intervallschritte und aufwärts strebende Melodik zum dritten Block überleiten. Während bisher vorwiegend Chro-matik den Ablauf zeichnete, entfaltet sich nun von Takt 17 bis hin zu einem Höhe-punkt in den Takten 25/26 eine thematische espressivo-Linie in der Geigenstimme, die als höchste der Stimmen und mit einem Ambitus von knapp zwei Oktaven nun zur dominanten Linie wird. Auch hier ist das Tonmaterial äußerst reduziert: So stel-len die Takte 19 und 20 eine tonlich und rhythmisch exakte Wiederholung der Tak-te 17 und 18 dar, erreichen jedoch durch Oktavierung ein erweitertes Ausdruckspo-tenzial. Die Steigerung der folgenden Takte geschieht durch einen harmonisch orientier-ten Einsatz der Chromatik, wobei eine mittels Halbtonschritten veränderte Melodik stets neue harmonische Färbungen hervorbringt. Die Melodie verläuft weiterhin in windenden Bewegungen, einem aufsteigenden Quintsprung folgen jeweils halbtö-nig absteigende Tonschritte. Diese chromatischen Rückungen führen in jeweils neue tonale Beziehungen, die allerdings dreiklangsharmonisch nicht zu fassen sind. Ent-scheidend in dieser kontrapunktisch angelegten, linear geführten Passage sind viel-mehr Kombinationen aus dem Streben nach stets neuen tonalen Zentren in Form einzelner kleinschrittig umkreister Töne und die Konfrontation verschiedener melo-discher Linien in der Vertikale der Mehrstimmigkeit und Quartenharmonik, die etwa in Takt 18 durch die Gleichzeitigkeit und das Nebeneinander der Töne a-d-g-c-f-h-e-a und in den Takten 20 und 22 in entsprechender, wenn auch unvollständiger Weise entsteht. Der Begriff der Poly- oder Bitonalität scheint hingegen nur einge-schränkt angemessen, etwa in Takt 23, wo innerhalb der einzelnen Stimmen die to-nalen Ebenen a und fis, jeweils ohne Festlegung der Terz, erkennbar sind, während das Geschehen überwiegend von melodischen Linien dominiert wird, die sich in flüchtiger, fließender und scheinbar tonal ungebundener Weise der Deutung entzie-hen. Die melodische Entfaltung der Streicherstimmen schöpft ohne tonale Festle-gung das gesamte Tonspektrum aus, so dass alle zwölf Töne als Melodieträger mit nur kurz aufscheinenden tonalen Bezügen hervortreten. Umkreiste Töne im Klavier bleiben, wie zu Beginn der Komposition, immer wieder vor allem fis und cis, bis sich beide im Höhepunkt in Takt 25 zum leeren Quintakkord im Violoncello, dem einzigen Doppelgriff des Stückes, verbinden und damit einen tonalen Halt vermit-teln, der in Takt 26 durch die absolute Dominanz des Tons cis weitergeführt wird und den folgenden vierten Formblock bestimmt. Der Höhepunkt zeigt sich daneben im Zielpunkt der seit Takt 17 aufgebauten Steigerung von Dynamik und Tonhöhe, vor allem jedoch in dem unvermittelten rhythmischen und gestischen Aufbrechen der Motivik in Takt 25 in der Klavierstimme, der in Takt 46 eine kurze Reminiszenz in der Geige nachfolgen wird: Weiträumig arpeggierte Triolen, Akzent und Triller