374Werkanalysenzehntel-Belebung zum abrupten Ausdruckswechsel risoluto. Nach einer Steigerung hin zu Takt 200, wo sich der Kopf des dorischen Themas im fff abspaltet, leitet eine diminuendo-Fortspinnung mit taktübergreifenden Akkordbindungen und den 3/8-Rhythmus ablösenden Achtelduolen zur Reprise des ersten Themas im ppp in Takt 271 über. Diese äußerste dynamische Zurückhaltung bewirkt jedoch keine Ver-haltenheit, sondern vielmehr eine extreme Intensität der thematischen Wiederkehr, da diese zugleich von chromatischen Sechzehntelketten überlagert wird:Notenbeispiel 126: D. Lipatti: Fantaisie pour piano solo, Editura Muzicală, 1999, 2. Satz, Takte 271–273. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Editura Muzicală.Die Schlussentwicklung ist, wie schon im ersten Satz oder im Nocturne (en fa# mi-neur), durch Verlängerung und Verlangsamung der einzelnen Melodiebausteine auf Beruhigung und kontemplatives Innehalten ausgerichtet. Bisweilen stagniert die Chromatik, ähnlich wie im Nocturne (Thème moldave), auf zwei Wechseltönen mit der Wirkung eines verlangsamten Trillers. Während sich die Melodiestimmen auf einem Changieren zwischen den Tonwechseln b-d und h-d als Terz und Quint eines g-Dreiklangs einpendeln, wird dieser zwischen Dur-und Moll pendelnde Akkord als zweideutiger Schlussakkord bestätigt und über eine Vorschaltung des Tritonus-verwandten cis-Moll erreicht. Presto Der dritte Satz stellt nach den atmosphärischen Wechseln der vorangegan-genen Sätze einen erneuten charakterlichen Bruch dar. Eine an ein Perpetuum Mo-bile erinnernde unablässige Motorik von Achtel-Triolen im sehr schnellen 2/4-Takt ( = 208) beendet abrupt das lange Ausklingen des vorangegangenen Satzes. Am Anfang steht tonale Orientierungslosigkeit verbunden mit pausenloser, rhythmisch gleichförmiger Bewegung, aus der sich tonale Bindungen und melodische Linien erst nach und nach herauskristallisieren: Unter der Oberfläche von chromatisierten, modulierenden Läufen und Arpeggien schimmern Melodiefetzen, die sich erst re-trospektiv erschließen, so dass Entschiedenheit des musikalischen Aufbaus und Auflösungstendenzen sich gegenseitig durchdringen. Seine markante Charakteristik