2.4 Werke der rumänisch-französischen Stilsynthese 377Notenbeispiel 129: D. Lipatti: Fantaisie pour piano solo, Editura Muzicală, 1999, 3. Satz, Takte 173–184. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Editura Muzicală.Bedeutende Steigerungsmomente sind chromatisch aufwärts führende Melodik und beständig modulierende, verminderte Harmonik sowie auftaktige, in Ober- und Unterstimme rhythmisch versetzte Tonsprünge, die sich wie Frage-Antwort-Zu-rufe intervallisch einander annähern. Die ausgewogene Konstruktion der Propor-tionen zeigt sich in der Konzeption des Höhepunktes, da dieser wie bereits in demNocturne (Thème moldave) und später der Aubade, auf die Stelle des »Goldenen Schnitts« fällt: In der zweiten Hälfte von Takt 252 wird in einer Pause mit Zäsur die durch vorwärts drängende Motivik, accelerando und crescendo aufgebaute Span-nung gestaut, um sich ab Takt 253 in ungezügelten, akzentuierten impetuoso-Arpeg-gien im fff zu entladen. Diese bewegen sich in Ober- und Unterstimme zunächst in Gegenbewegung, nähern sich jedoch mit zunehmender Beruhigung durch Diminu-endo, portato-Artikulation und Verringerung des Ambitus in der Bewegungsrich-tung einander an. Strukturelles Fundament ist an dieser Stelle eine in halben Noten-werten augmentierte Variante des dorischen Themas, die in der Klavierfassung zwar von der Wucht der Arpeggien verdeckt wird, in der Orchestrierungsnotiz je-doch mit Posaunen und damit dominant besetzt ist.