2.4 Werke der rumänisch-französischen Stilsynthese 395Im weiteren Verlauf erhalten die unterschiedlichen Stimmen Eigenständigkeit in den Verarbeitungsformen der chromatischen Verfremdung, Imitation und der strengen Polyphonie, wie etwa einer Engführung in Oboe und Klarinette ab Takt 9, wodurch eine kontinuierliche Steigerung in der Simultaneität der vorgestellten Ele-mente bewirkt wird. Dennoch bleibt dieses Gewebe immer transparent, u. a. durch die augenblickliche Zurücknahme einzelner Instrumente durch Unisonoführungen und durch ostinate Patterns, beides wiederum auch typische Kennzeichen modal-harmonischer Verarbeitung. Ein Beispiel dafür bilden in Sekundschritten chroma-tisch aufsteigende trillerartige Tonrepetitionen, die in Takt 10 von der Flöte als Kon-trast zur Melodieführung in Oboe und Klarinette begonnen und in Takt 13 von der Klarinette übernommen werden. Von Takt 19 bis 32 tragen Flöte und Oboe parallel die thematische Entwicklung, indem sie eine neue Motivik vorstellen. Ihre mixoly-dische Färbung erfährt gegen Ende eine Umdeutung nach Moll. Sie wird von der Oboe in diminuierten Notenwerten umspielt und im Fagott von einer augmentier-ten Bassführung gestützt.In der Kombination der Instrumente mit ihren spezifischen Registern bei paralle-ler Stimmführung entstehen sowohl Varianten in der Klangfärbung, die die Einzel-klänge der Instrumente modifizieren, als auch ausgewogene Proportionen der Stimmführung, die den Eindruck einer architektonischen Balance vermitteln.Teil A’, der die Umklammerung des streng durchgeführten Mittelteils mit einer quasi parlando-rubato-Passage bewirkt, beginnt mit der Reprise des Themas auf der Unterquart im Fagott in Takt 36. In Takt 40 bleibt die Melodieführung analog zum Anfang auf der Note Cis stehen, die jedoch nun nicht mehr als Ausgangspunkt einer neuen Modulation dient, sondern während der letzten acht Takte die Tonart cis-Moll durch abfallende Dreiklänge im Fagott fixiert. Sie bleibt bis zum Schluss tonales Zentrum, überlagert von der None es der Oboe. In der enharmonischen Umdeutung von es zu dis ergibt sich so, durch die in modaler Musik, auch in modal geprägten Colinda-Melodien häufige Verbindung VII–I,291 die Schlusswendung H-Dur–Cis9.Die Melodieführung des »Prélude« schöpft den vollen Ambitus der Blasinstrumente aus. Sie wird zum Pfeiler der harmonischen Struktur, da sie oftmals dreiklangsgeleitet oder diatonisch verläuft. Dabei ist der chromatische Stufenaufbau zwar ein jede Stimme prägendes Element, das jedoch nur selten zu scharfen Dissonanzen führt, da die Chromatik entweder durch ihre Tiefe oder durch ihr schnelles Zeitmaß an Schärfe verliert und somit entweder als in sich geschlossener rascher Lauf oder als stützende Basstöne, wie im Fagott ab Takt 22, wahrgenommen wird. Harmonische Spannungsmomente entstehen hingegen durch eine ausgeprägt bitonale Anlage. Gerade dadurch, dass die einzelnen Stimmen eindeutig einer Tonart, häufig mit modalen Färbungen, zuzuordnen sind, entstehen Überlagerungen verschiedener tonaler Zentren, z. B. in Takt 25, wo sich über dem Bass g-Moll eine d-mixolydische Motivik aufbaut, während die Oboe die Modula-291Vgl. Drăgoi, 1930, S. XXXXI.