7 Darin ist sie ein Modell einer virtuellen Kunst – allgemeiner: in ihr werden Denkweisen formalisiert, aus der Erfahrung des Verhaltens von Klängen und ihrer Organisation als ikonische Zeichen wie bedeutungsneutrale Codes. Ihr Denksystem kann als Paradigma der Lebensbewältigung in einer virtuellen Welt dienen. Im Musizieren, in der hedonischen Regelung von Musik werden emotionales, kommunikatives Ausdrucksverhalten gerade im Pop nicht nur als interpretatori-sches, sondern als generierendes Verhalten bestimmend, wie Strukturierung von willkürlichen Codes durch ihren Erregungswert als Gestaltungsmethoden kultiviert. Ist der mechanische Körper in der digital culture überflüssig geworden (BAUDRIL-LARD 1981), so ist diese Kultur dennoch eine Körperkultur, wie dies auch die stets heftiger werdende Diskussion der Körperlichkeit nicht trotz, sondern wegen der Virtualität zeigt. In einem neuen Sinne nicht unter Ausschaltung der Natur des Körpers, sondern deren Nutzung: Mit der Transgression des Mechanistischen steht im Zentrum der digital culture wie der Musik notwendigerweise der re-defined body, der hedonistic body. Musik und digital culture rekurrieren somit auf die emotionale Basisqualität Erregung; die Bedeutungsneutralität des Codes für einen Klang wie die des digitalen Codes zwingt zu einer Ordnung – abseits von Kausalität und deren Generalisierung in Narrativität – nach Erregung, der dominanten Rezeptionsart des Klanges – nicht nur im Pop. Abseits der Rezeption ist Pop-Musik Körpermusik und entspringt der Erregungs- Klang-Körper-Koppelung. Erregung ist im Pop-Musizieren unmittelbar gestaltend, in Musik objektiviert, in den digital Arts als Gestaltungsart virtueller Umwelt und der Wahrnehmung dieser reflektiert, im Interface als immersive Größe psychologisch genutzt. Sie ist basale Größe, die sich in einer auditory logic manifestiert. Der Rückgriff auf eine phylogenetisch ältere Wahrnehmungsform und daraus abgeleitete Denkweise ist, in die Zukunft gesehen, ein notwendiger evolutionärer Schritt der Anpassung der Körper-Umwelt-Interaktion an eine sich beschleunigende und virtua-lisierende Welt der digital culture, die uns direkt körperlich mechanisch nicht mehr zugänglich ist. Die Erhöhung der Geschwindigkeit und Digitalisierung haben eine Mediatisierung, eine Entfernung von der unmittelbar körperlichen Wahrnehmungstätigkeit und Inter-aktion zur Folge. Geschwindigkeit bringt die zeitliche und räumliche Entkoppelung vom Ereignis, Digitalisierung schließlich die Entkoppelung vom Ereignis selbst. Gestaltung mit einem von seiner Verursachung zeitlich entkoppelten Ereignis hat die Musik mit der Verarbeitung des mechanisch wie elektromagnetisch gespeicherten Klangs bis zum Dj-ing exploriert, die räumliche Entkoppelung durch telematische Konzerte und die Net-Art. Die Vorarbeit zur willkürlichen, dem Willen anstelle den Gesetzen der Materie unterliegenden, Gestaltung hat Musik als Zeichensystem seit ihrer Verschriftlichung geleistet. In der digitalen Musik verschmelzen die körperlichen unmediatisierten Arten der Gestaltung mit der Willkürlichkeit hochmediatisierter Codes. Musizieren wurde damit nicht nur eine Kulturtechnik für alle (vgl. KLUG 2001), Musik bietet darin auch ein Paradigma des Zugangs zu und Umgangs mit mediatisierten Welten, mit Virtualität. Abseits ihres Verstehens meist bildhafter Repräsentation von Virtua-