1 Von der Achtung des Besonderen zur Be-ob-achtung des Allgemeinen 1.1 Beobachtung 1.1.1 Die Ideologie des Besonderen Nicht nur im Alltagsverständnis wirkt ein romantisch-idealistisches Bild von Wis-senschaft und Kunst sowie der Ästhetik als wissenschaftliche Theorie der Kunst und Teilgebiet der Philosophie nach, und trennt deren Inhalte von jenen des All-tags. Kunstwissenschaften teilten oftmals ihren ideologischen Gebrauch mit den Geschichtswissenschaften. Geschichte vollzieht sich in Geschichten und war oftmals die Hervorkehrung des Besonderen und zwar des eigenen Besonderen (WIORA 1948) Auch wenn WIO-RA hier Historie mit Historisieren polemisch gleich setzt, kratzt er damit an der Aura der Forschungsmotivation von Musikforschung, an ihrer Instrumentarisierung zur politischen Affirmation meist auf der Basis von Restauration des besonders »Hoch«-Stehenden. Ethnologie ist ein Kind des Kolonialismus: Eurozentristische Überheblichkeit misch(t)e sich mit schlechtem Gewissen und gebar museale Konservierung – eine Forschungshaltung, die aus dem kulturellen Vergleich Universalien erkennen wollte und wiederum oftmals zur wertenden Hervorkehrung des Eigenen gebraucht wurde. Die Naturwissenschaft ist Katalysator eines Umdenkens. Ihr Wissenschaftsbild ist das der Erklärung oder Beschreibung alltäglicher Phänomene. Ihre Grundhaltung ist, das Natürliche und somit Allgegenwärtige zu erforschen. Dieses am Status Quo orientierte Denken ist in jene Bereiche vorgedrungen, die zwar nicht Natur-gegebenheit suchen, jedoch Methoden dieser Wissenschaft auf den Erlebens- und Lebensbereich des Menschen und dessen Interaktion mit seinem Umfeld anwenden. Der Gebrauch der Haltung der Naturwissenschaft, um die Natürlichkeit von sozialen und politischen Gefügen zu legitimieren, der Gebrauch der Geschichts-wissenschaften zur Etablierung staatlicher Gefüge sind Gebrauch im Dienste von Ideologien, gerade von diesen wollen sich Wissenschaften unterscheiden. Ihre Me-thoden sind die Tools, um Wissen abseits des eigenen Wollens zu schaffen. Die Gefahr eines Essentialismus liegt als Potentialität darin, Naturbedingtes auf Humanes, Soziales und Ästhetisches zu generalisieren; Das Zustandekommen von Normen zu beobachten wird Ziel sein und nicht naturwissenschaftlich Normen zu begründen. POPPER mahnt die Philosophie ob ihres Blicks auf das Besondere. Im Bemühen um Erkenntnis und allgemeine Lebensbewältigung sollte in Wissenschaft wie Kunst nicht das Besondere, die Ausnahme Ziel und Gegenstand der Betrachtung sein. »Ich halte Philosophie nicht für eine Galerie von Kunstwerken, von verblüffenden und originellen Weltbildern oder von klugen und ungewöhnlichen Beschreibungen der Welt [. . . ]. Die großen Philosophen verfolgten nicht rein ästhetische Ziele. Sie