20 Von der Achtung des Besonderen zur Be-ob-achtung des Allgemeinen Centre for Contemporary Cultural Studies CCCS (vgl. SANDNER, 2001). Der Blick des Birmingham Centers richtet sich auf die Kultur der Arbeiterjugend und der Immigranten. Obwohl sie explizit als Proponenten der »Neuen Linken« bezeichnet wurden, widersprachen sie dem nicht – sie waren aber nie Mitglieder der Labour Party und blieben parteiunabhängig. Otto Neurath war Mitglied der Sozialdemokratie und gründete auch das Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum; Aus dem Anspruch einer möglichst breiten Information der Öffentlichkeit motiviert, ist seine Idee einer allgemein verständlichen ikonischen Sprache der Datenvermittlung und der ihrer Zusammenhänge in die Zeichensprache des Verkehrs und letztlich in die Icons der Computerbetriebssysteme eingegangen. Die aus dem Wiener Kreis gespeiste Wissenschaftshaltung findet im Austromarxis-mus ideologischen Halt, Günther SANDNER (2002) sieht den »Austromarxismus als Wiege der Cultural Studies«.2 Neben der Arbeit außerhalb universitärer Strukturen in der Arbeiter- und Erwachsenenbildung wird nicht nur an der Schnittstelle zwischen akademischer Wissensproduktion und populärer Wissensvermittlung gearbeitet, auch die Rückkoppelung der theoretischen Arbeit mit der realen Lebenssituation war von (politischem) Interesse. Die Demokratisierung des Wissens sollte zur Eman-zipation unterer sozialer Schichten dienen – in Österreich geschah diese Arbeit an der Alltagskultur zum Teil im Gefüge der sozialdemokratischen Partei – Kultur wurde dabei als Lebensweise, als Methode der Lebensbewältigung erachtet. Frühe soziologische Studien haben nicht nur methodische Paradigmen erstellt, ideologisch waren sie an unteren Klassen, an Outsidern und beispielsweise den »Arbeitslosen von Marienthal« (JAHODA & LAZARSFELD 1933) interessiert. Der Psychologismus des beginnenden 20. Jahrhunderts findet nicht nur an den Macht etablierenden Finanzen der Wirtschaft Interesse, sondern auch an den psychologi-schen Implikationen der Wirtschaft, die wirtschaftspsychologische Forschungsstelle3 führt diese politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Interessen über die Psychologie zusammen. Eine Kultur von unten (BLAUKOPF 1983) nimmt hier ihren 2 So der Titel eines Berichts (in: Der Standard. Sa./So. 8./9. März 2003, S. ALB 4). Zuvor hatte SANDNER in einem Vortrag ›Die Politisierung der Kultur: Austromarxismus und Cultural Studies‹ am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK), Wien, 15. 01. 2001 Teile aus dem Forschungsprojekt ›The Politics of Culture. The Austromarxist Cluster and the Birmingham Group of Cultural Studies. A Comparative Analysis‹ vorgestellt, das er als Leiter im Rahmen eines Projekts des österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF), Leitung: Friedrich STADLER, durchführte. 3 Nach einem Plan von 1927 wollte (nach eigenen Aussagen) Paul LAZARSFELD dem von Karl BÜHLER geleiteten Institut für Psychologie der Universität in Wien eine Abteilung für Sozialpsychologie anschließen; Auftragsstudien über das Käuferverhalten sollten dieses Vorhaben finanzieren. Die Einsicht in die »methodische Äquivalenz von sozialistischen Wäh-lerentscheidungen und dem Kauf von Seife« führte zur Anwendung psychologischer und sozialpsychologischer Forschungsmethoden auf Konsumverhalten und Käuferpräferenz, wie auf politische Einstellungen und zeigt die wissenschaftliche Nähe. Der Annahme einer reduk-tionistischen Forschung wirtschaftlich sozialer Phänomene steht M. JAHODA (1998) kritisch gegenüber. Es wurde zwar keine sozialpsychologische Abteilung oder ähnliche Forschungsstelle vom untergeordneten akademischen Angestellten Lazarsfeld gegründet (vgl. FLECK 1990, S. 160), wohl aber eine Art An-Institut, eine »wirtschaftliche Forschungsstelle [als] Verein, eine Bezeichnung, die allgemein die Anwendung von Psychologie auf soziale und wirtschaftliche Probleme ausdrückt, als dessen Präsident Karl BUHLER fungierte« (LAZARSFELD 1975, S. 151).