34 Von der Achtung des Besonderen zur Be-ob-achtung des Allgemeinen Kunst tritt in den öffentlichen Raum, Positionen von Künstlern und Rezipienten verschieben sich zu interaktiv handelnden Agenten. In der Wissenschaft hat Kommunikation die Funktion, Erfahrungen zu intersub-jektivieren, Erfahrungen von der eigenen körperlichen Erfahrung zu lösen und sie in einen gemeinsamen Raum von Erfahrungen zu bringen. Codierung dient dabei als Mittel der objektivierenden Formalisierung: strenge Verknüpfung zwischen Code und Bedeutung erhöht die Kommunizierbarkeit und die Intersubjektivität. Wahr-nehmung als Prozess zur Gewinnung von einer zu kommunizierenden Information bleibt jedoch insofern an die unmittelbare Körperlichkeit gebunden, als aus deren Erfahrungen Denksysteme entworfen werden, die der Wahrnehmung eingeschrieben sind. Codierungen arbeiten mit expliziten Konventionen von Bedeutungszuwei-sungen, Wahrnehmungen mit der impliziten Generalisierung eigener Erfahrungen. Das Paradigma der kodierten objektivierenden Kommunikation der Wissenschaften dringt in die Künste – kollektive Kunst orientiert sich daran, die Net-Art führt dieses Denken mit politischen Forderungen der Horizontalisierung zusammen. 1.3.2 Kommunikation als Methode der Gestaltung: kollektivierende Generierung Die Kunst des 20. Jahrhunderts ist durch den Prozess der Abkehr vom Werk zum kollektiv Geschaffenen gekennzeichnet. Spätestens seit der Polyphonie ist Musik systemhaft und seit dem Besinnen auf außereuropäisches Musikschaffen durch den Jazz im Musizieren kollektiv-gestaltend. In der Polyphonie ist Musik die Objektivation des »Wir« (vgl. ADORNO 1958) und damit die Formalisierung musizierenden Sprechens (vgl. JAUK 1999a) des kollektiven originären Musizierens, das auch die freien Formen des Jazz prägt. Musik ist Modell der systemischen und interaktiven Kunst des kollektiven Gestaltens (vgl. JAUK 1999a, b) – durch kommunikative Prozesse, von der Mail-Art bis zum kollektiven dynamischen Gestalten in der Net-Art am Ende des 20. Jahrhunderts. Kommunikation dient der Musik als gestaltende Größe – in der Art der Kommu-nikation liegt Erkenntnis über die Musik. Indem Musik Kommunikation indiziert besitzt sie Erkenntniswert und formalisiert diese: Interaktion ist die Methode der Kommunikation. Die künstlerische Manifestation der pluralistischen Haltung im Nebeneinander von Sichtweisen und im kontextbezogenen Ordnen nach zuvor uneingeschränkt erkundenden Möglichkeiten geschieht in den interaktiven elektronischen und Me-dienkünsten, die damit als Avantgarde, als Vorreiter einer gesellschaftspolitischen Position und Situation dienen. »Das Erhabene im postmodernen Sinn . . . ist nicht retrograd, sondern kritisch und experimentell« (WELSCH 1993, S. 91). Die Avantgar-den »widmen sich [. . . ] der Aufgabe des Experimentierens« (LYOTARD 1985, S. 99). Dies impliziert, dass »das Erhabene in Lyotards Verständnis [. . . ] zum Motor einer unabsehbaren Reihe von Möglichkeits- und Wirklichkeitsexperimenten« (WELSCH 1993, S. 91) wird. Damit wird jegliche »Endgültigkeitsbehauptung« (WELSCH 1993, S. 92), jeglicher final gerichteter Determinismus angezweifelt. Selbstorganisation kann als alternative Gestaltungsform betrachtet werden; Interaktion ist die Basis solcher informeller Prozesse. Die derzeitige soziale Wirklichkeit hinkt der Theori-