1.4 Wissenschaft und Kunst 39 Publikationen diese Präsentationsform auch interaktiv. Die Erregungskoppelung von Klang und Körper macht die intuitive interaktive Erfahrung komplexer Datenströme erfahrbar. 1.4.2 Naturwissenschaft und Kunst Kunst wie Wissenschaft bedienen sich nicht nur bei ihren Erkenntnis- und Darstel-lungsmethoden der Medien, sie sind selbst als Medien zu betrachten, als Vermittler, als Vermittelnde, als Interfaces zwischen Realität und Wahrnehmung. Sieht die Wissenschaft als Ziel ihrer auf Erkenntnis gerichteten Bemühungen die Etablierung eines Systems vor Augen – ein System, das jenes der Wirklichkeit deckungsgleich abbildet, so muss sie sich dennoch mit solchen vom Blickpunkt abhängigen Modellen, mit möglichen Vermittlungen der Wirklichkeit aus Snap- Shots der Realität bescheiden. Kunst hingegen hat jenseits des Strebens nach dem objektiven Abbild die Freiheit gewählt, die jeweiligen, nicht unmittelbar bewussten, der Erfahrung zugrundelie-genden Bilder von Wirklichkeit zu skizzieren. Umberto ECO führt die Vorstellung des Modells als Ab-Bild und der Skizzen aus der Vision zueinander: »Es gibt etwas Künstlerisches in der wissenschaftlichen Entdeckung (und es gäbe noch wesentlich mehr davon, wenn wir annähmen, daß die wissenschaftliche Entdeckung keineswegs eine gegebene Ordnung des Kosmos identifiziert, sondern unser Bild des Kosmos ihrer Ordnung unterwirft), und es gibt etwas Wissenschaftliches, im Sinne des abduktiven Verfahrens, das vulgo die Phantasie des Künstlers genannt wird. Die Science-Fiction, Ort der Begegnung von Wissenschaft und Phantasie, erscheint als lebendes Beispiel dieser Verwandtschaft« (ECO 1987, S. 222). Beide Bemühungen lassen sich als Bemühungen zum Schaffen von Erkenntnis subsumieren, die letztendlich der Wirklichkeitsbewältigung dienen. Wahrnehmung als wissenschaftliche Beobachtung und Wahrnehmung als ästhetische Erfahrung (vgl. DEWEY 1988) führen aber nicht zur selben Art der Erkenntnis. »Selbst wenn ästhetische Erfahrung kein nützlicher epistemologischer Begriff ist, folgt daraus nicht, daß diese Erfahrungen belanglos und ohne kognitiven Wert sind. Denn ob ihre nicht-diskursive Unmittelbarkeit gewußt werden kann oder nicht – sie zu haben, kann doch für weite Teile des Wissens wesentlich sein und bietet zudem den strukturierenden Hintergrund für wirklich wissenschaftliche, kritische Bemühungen« (SHUSTERMAN 1994, S. 254 Anm. 33). Der wesentliche Unterschied besteht – der verschiedenen Sichtweise zufolge – in der unterschiedlichen Methodik. Versucht Wissenschaft den Einfluss des um Erkenntnis bemühten Forschers auszuschalten, um zu Aussagen über die Realität zu gelangen, die abseits der forschenden Person liegen, so versucht Kunst im allgemeinen gerade die Erfahrung dieser wahrnehmenden Person bei der Suche nach Erkenntnis zu fokussieren. Wobei aber nicht die jeweils subjektive als individuelle Sicht der Dinge interessiert, sondern die Generalisierung dieser Sicht als eine der möglichen menschlichen Sichtweisen der Wirklichkeit. Im ersten Band von Welt als Wille und Vorstellung spricht SCHOPENHAUER (1977 WWV I, I, § 38, S. 254f) von der ästhetischen Erfahrung als etwas, das sich der bloßen Wahrnehmung entziehe. Elenor JAIN (1989) versucht den »erkenntnistheoretischen Aspekt der ästhetischen Betrachtung« (JAIN 1989, S. 167) zu fokussieren. Bei dieser