1.4 Wissenschaft und Kunst 49 BROWNE 1984) und Informalisierung (vgl. SCHULZE 2000) bis hin zur Ausbildung alternativer politischer Systeme. Die Väter der Fortführung der futuristischen Idee, beide Denker und Künstler, gehen mit dem Gedankengut der Vermengung von Kunst und Leben eigene, z. T. sehr persönliche Wege. Cage vermischt diese Haltung mit Ostphilosophien, Beuys leitet ein neues Naturverständnis ein, beide sind Vorreiter einer alternativen Kunst-Szene, Wegbereiter einer seit 1980 parlamentarisch verankerten politischen Alternativ- Bewegung. Gerade diese Verankerung von Kunst im Leben und Leben in der Kunst in der Pop- Art der sechziger Jahre führt auch zu enormen bewusstseinsbildenden Prozessen, die – von der Pop-Kultur8 geistig genährt – über das Mittel der Pop-Musik transportiert wurden. Diese kommerziell orientierte Maschinerie von Werbemitteln – dem sozialen Design dienend9 – bewirkt schließlich – auf dem für Massenprozesse günstigen Boden des Wir-Gedankens der sechziger Jahre – den allgemeinen Wertewandel in der Kultur. Auch in der Pop- und Rock-Musik tragen (ohne Kunstfertigkeit zu bedienende) Maschinen und dilettierende Akteure die Kunstproduktion; horizontale Strukturen ersetzen zunehmend die vertikalen; Selbstorganisation seit dem Mersey- Beat und kollektive Verfügbarkeit werden gelebte, zumindest erprobte Werte. Das Apple-Studio der Beatles wird dieser kurzzeitig gelebten Utopie geopfert. Neben den sozialen, politischen Implikationen ist Pop als Körperphänomen mit Technologie verbunden. Musizieren und Rezeption sind unmittelbar körperliches Verhalten, ermöglicht über Technologie: Die Instrumentarisierung des körperlichen Ausdrucksspiel mit der Elektrogitarre, das dem Interface Modell steht, bis hin zur körperlichen Stimulation im Techno-Environment durch technisch ermöglichte high intensities. Schließlich befreit Technologie von der Beschränkung des menschlichen Körpers auf seine mechanischen Funktionen und ermöglicht die hedonisch geregelte Körper-Umwelt-Interaktion. Dies sind Relativierungen der kulturpessimistischen Sicht der Entmenschlichung von Kunst, Kultur, Gesellschaft durch Technologien; ihnen sei eine Anmerkung SHUSTERMANs beigefügt: »Hinter dem Angriff auf die Technologie der populären Kunst steht auch die bittere Klage, daß die industrialisierte Technologie das mo-derne Leben entmenschlicht habe, und die daraus sich ergebende Angst, daß die Kunst ähnlich entmenschlicht und schließlich durch die Vorherrschaft der Technik entmündigt werde. Technologie ist jedoch bei all ihrem bedauernswerten Mißbrauch und falschen Ideologien ein menschliches Produkt, mit dem die Menschheit wird zurechtkommen und es vermenschlichen müssen. Die populäre Kunst kann als ex-pressiver Schauplatz für Verhandlungen zwischen dem Technologischen und dem Menschlichen gesehen werden. Wir finden Versuche, die technologische Maschine spielerisch zu vermenschlichen oder die menschliche Dominanz des Künstlers geltend 8 Wobei Pop-Art aber bereits reflektierend auf den Verkauf von Gegenhaltung in den 50er Jahren, also das kalkulierte Zusammenspiel von Dissidenz des Rock’n’Roll, und ihre mediale Vermarktung zurückgreifen kann und vielleicht sogar aus dieser Erfahrung Ware als Ästhetik formuliert. Andy Warhol hat konsequenterweise in sein Pop-Art-Leben das Paradigma der Rock-Musik mit velvet underground miteinbezogen. 9 Art-Schools als Relikte der Industrialisierung verselbständigten sich zur Pop-Art; ihre Propo-nenten distribuierten die Ästhetisierung des Alltäglichen im dominanten Teil der Pop-Kultur, der Popmusik.