1.4 Wissenschaft und Kunst 53 ohne dass entsprechende physikalische Schwingungen entstehen – Technik ermöglicht die Triggerung kognitiver Implantate/Erfahrungen. Gewaltige Technik hingegen bewirkt direkte Stimulation. Diese mischt sich mit solchen vom alternativen Geist – wie ihn Timothy LEARY11 heute predigt, wie er in seltsam anachronistischer Art mit High Tech verknüpft ist, als sei eine zumindest geistige Korrektur der rationalen Bestimmung unserer Welt durch Technologie not-wendig und subjektiv heilsam – beseelten »bewußtseinsaktivierende[n] Wirkungen des Biomainframes«, also einem »Wechsel der Gehirnwellenrhythmen« durch »Über-information mittels Großbildprojektion, Echtzeit-Erlebtem, stroboskop-artigem digitalem Licht und Neuro-Disco Sound« (Presseinformation zu einer Performan-ce von Station Rose, Österreichisches Museum für Angewandte Kunst in Wien 1993). Grundsätzlich entspricht dies dem experimentellen Stand der Dinge. Die Aufnahme von Intensität als primären gestaltenden Parameter – mehr oder weniger absichtlich die automatisch ablaufenden vegetativen Wirkungen nutzend – kann als Einwirkung des Punk, einer neoexpressionistischen Reaktivierung von Leiblichkeit, in die rational-intensionale Haltung, die in Mitteleuropa als Folge des Idealismus vorherrschte, die seit den sechziger Jahren in Symbiose mit Körperlichkeit zu leben versucht wird, gewertet werden, also als »Paradigmenwechsel von den Intentiona-litäten zu den Intensitäten« (MÜLLER 1991, S. 557), photic driving und acoustic driving effects sind experimentell belegbare kurzzeitige physiologische Änderun-gen auf Intensität und dynamische Stimulation (HARRER 1973, 1975; HARRER & HARRER 1985; WUNDT 1874). Die unmittelbar körperlich erfahrene, die elektronisch neu-organisierte, die simu-lierte, die willentlich erzeugte virtuelle, schließlich jene durch die gezielte Erregung von Erfahrungen illusionierte stellen unterschiedliche Wirklichkeiten dar. Gerade die Triggerung umschließt die beiden Pole der Erregung von Erlebnisinhalten: Durch verweisende Zeichen einerseits, durch signalhafte Stimulans andererseits – Pop kultiviert diese unmittelbare allgemeinverständliche Erregung als seine spezifische Wirklichkeit. In der Kunst wie auch in der Wissenschaft stellt sich mit den Neuen Technologien das Problem der Zeichenhaftigkeit neu: den analogen zur Abbildung, den digitalen zur gänzlich willkürlichen Generierung. Wirklichkeit und ihre Repräsentationen werden bereits vor der Möglichkeit der elektronischen und nunmehr digitalen Abbil-dung und Reproduktion bearbeitet. René Magrittes Bild einer Pfeife, auf das er schrieb: »Dies ist keine Pfeife«, ist Kunde jener Ahnung, daß das Wiedererkennen eines Gegenstandes über sein Abbild gleichsam eine psychische Fehlleistung ist; es ist das Überspringen von Information zwischen unterschiedlichen Ebenen der Re-präsentanz. Digitalisierung schafft über digitale Codes symbolhafte Entsprechungen für außenliegende Realitäten oder auch willkürliche Gestaltungen unabhängig einer konkreten Subjekt-Objekt-Relation. Die Problematik der willkürlichen Generierung und Duplikation von Ereignissen mit digitaler Technik stellt dann die Diskussion um das Abbild und die Möglichkeit oder Unmöglichkeit zur Schaffung des Ebenbildes in ein gänzlich neues Licht. Wie Magrittes Bild führt digitale Kunst heute notwendigerweise die »Aussage als 11 Mit dem geistigen Vater und euphorischen Vertreter von Bewusstseinserweiterung durch Psychopharmaka (LSD) in den 60er Jahren, der heute in Brain Machines dieses Potential sieht, unternahmen Station Rose 1990 die Public Brain Tour durch die USA.