64 Der Weg in die Postmoderne ihre individuellen Hervorbringungen und zwar mit dem jeweiligen Wahrheits- und Wirklichkeitsanspruch im Nebeneinander. Mag sein, dass die Wende zur Postmoderne am augenfälligsten in der Bildenden Kunst zu beobachten ist, die von einer Repräsentanz der Außenwelt zunehmend zu einer Erforschung ihrer Repräsentanzform wird. Ungeachtet dieser Transgression war Musik niemals eine Repräsentanz der Außenwelt, sondern stets eine Kunstform, die Wahrnehmung an sich formalisiert, die aus der Logik des Auditiven ihre Gesetzmä-ßigkeit selbstreflektierend erkundend ableitet, eine Kunst des aktiv strukturierenden Wahrnehmens, des Denkens – konkreter: des beziehenden Denkens. Als flüchtige Zeitform hätte ihr bereits KANTin der Kritik der reinen Vernunft Immaterialität, zugesprochen. Wenn sie, oder weil sie (vgl. Sichtweisen der autonomen Musik) keine Referenz zu Außenerscheinung habe, würde LYOTARD sie als immateriell bezeichnen. Musik als immaterielle Kunst des Denkens von willkürlich gestaltbaren Codes ohne vorgegebenen Bezug zur Außenwelt, deren Fortschreiten im endlosen Prozess des an Theorien gebunden Experiments abläuft, lässt Musik leicht in die Forderungen der postmodernen Künste eingliedern. Die Nähe zu den postmodernen Künsten ist ein weiterer Schritt zur Begründung des Versuchs, Musik als modellbildendes Medium für jene mit der Postmoderne entstandenen Neuen Künste zu erproben. Der wesentliche Schritt dabei wird jener mit den Neuen Technologien geänderten Körper-Umwelt-Interaktion zugeschrieben, die nicht nur im Ästhetischen, sondern in einer (notwendigerweise) ästhetisierten Alltagswelt sich äußert. Die Logik des Auditiven, formalisiert in Musik dient als adäquates Paradigma der Wahrnehmung dieser neuen Wirklichkeit, zur Lebensbewältigung in ihr. Befreit von der Dingwelt und ihrer (mit den Gesetzen der Physik zu beschreiben-den) Determiniertheit formuliert die Postmoderne Kunst sich als eine des Denkens und dem Willen unterworfene. Letztlich an Körperlichkeit gebunden bietet die Musik – zwar niemals dem Abbildenden der Dingwelt verhaftet – zweierlei Arten der Regelung willkürlicher Gestaltung modellhaft an. Die Reihung im beziehenden Denken durch hedonische Regelung und die Objektivation des kollektiven Gestaltens aus informeller Kommunikation. Hier wird die Potentialität der willentlichen Gestal-tung durch den gestaltenden Körper gebrochen, hier wird unmittelbar die Brücke zu den mit Technologie entstandenen Künsten der Gestaltung von Codes durch interaktive Prozesse in einem immersiven, hedonischen Environment geschlagen. Musik als Formalisierung der auditiven Wahrnehmung wird als alternatives Para-digma jenr in den Neuen und Medien-Künsten reflektierten wie erkundeten Wahr-nehmung der Wahrnehmung einer durch technologische Innovationen veränderten Körper-Umwelt-Interaktion angewandt. Willkürliche Gestaltung in der Zeit elektronisch prozessualer Bildmanipulati-on nennt Nam June PAIK, Musiker und Videokünstler, musikalisches Paradig-ma. Die Wahrnehmung des auditory space ahnt McLUHAN (1995) als adäquate Wahrnehmungsart des electronic-space. Kollektives Gestalten (des Musizierens) sieht ADORNO (1958) in der polyphonen Musik objektiviert. Jenem, aus der Be-trachtung der Neuen und Medien-Künste, aus den visuellen Medien geforderten Paradigmen-Wechsel (der Wahrnehmung und Informationsverarbeitung), einer Hy-pothesenverwerfung, ist die Alternative der Informationsverarbeitung im Auditiven