3 Vom Aufziehen eines hedonischen Weltbildes 3.1 Von den medialen zu den sensorischen Künsten In der Kreation von Zeichen, in der Präsentation und Gestaltung von Wirklichkeit durch Zeichen sieht CASSIRER (1964) kulturelle Leistungen des Menschen. Als Bedeutungsträger haben willkürliche Zeichen, Symbole, kommunikative Funktion über Konvention, ikonische Zeichen tragen das, was sie bedeuten in sich (vgl. PEIRCE 1868, MORRIS 1938). Signale hingegen sind Teil einer unmittelbaren Ausdrucksform (vgl. PIERCE 1965) und ob der Allgemeingültigkeit des Verhaltens kommunikativ. Präsentative Zeichen (vgl. LANGER 1942) versuchen die Brücke zu schlagen zu Signalen. Pop versteht sich primär als ausdruckhafte Körperkultur (vgl. WICKE 1998); bevor Pop auf der Ebene der Zeichen vermittelt wirkt er körperlich (WICKE 1992, 2001), funktional – Sound ist jener unmittelbar kommunikative Teil des Ausdruckslauts wie Ausdrucksverhaltens. Eine zu einer Kunst des Denkens entgegen gesetzte Position postmoderner Hal-tung (vgl. UNGEHEUER 2002) sei in der anderen Avantgarde (HOFFMANN 2002) realisiert: Techno ist sensorisch-analytisch erlebte Musik, die in der Generierung durch die Auswahl aus der Vielfalt des Verfügbaren synthetisiert wird. Dieses Zusammenstellen folgt der nicht-sprachlichen Reihung, dem hedonisch geregelten Copy & Paste: Im Hier und Jetzt geschaffene Prozesse des Patter-Structurings, eine postmoderne Kompositionsweise, die sich vom Fortschreiten nach sprachorientierter Logik des Werks der Moderne unterscheidet. Dem verstehenden Nachvollziehen eines vermittelten Ablaufs steht das sensorische Empfinden von Patchworks aus Patterns gegenüber: Postmoderne Musik sei sensorisch und nicht medial. Techno verlässt in seiner Unmittelbarkeit und mit dem expliziten Rekurrieren auf das Körperliche das idealistisch geprägte Bild der Sprache und nähert sich den funktionalen Bezügen der Körper-Klang-Koppelung an. Ist dieser Bezug aller Musik, die letztlich Strukturarbeit im Dienste des Klanges erachtet, nicht fremd, so ist er besonders der funktional zur Bewegung reizenden Musik, zur körperlichen Mitbewegung im lustvollen Tanz wie im widerständigen Kampf, als Methode eigen. Techno versucht diesen »Mitzieheffekt« (RÖSING 2001) explizit theoretisch parawis-senschaftlich selbst zu legitimieren. Jüngere Strömungen dieser amateuristischen Arbeit am Klang mappen ihrer Musik ein theoretisches Gerüst der intendierten ästhetischen Bezüge von akustischen Erscheinungen und ihrer Wahrnehmung auf, ein Versuch, der diese Musik an die Moderne und ihre Tradition der Kunstmu-sik heranführt (vgl. HOFFMANN 2002) – dennoch: »Techno ist eine Musik, die einerseits eine starke Dynamik aufweist und körperbetont ist, andererseits eine klare analytische Struktur besitzt« (HOFFMANN 2002, S. 96). Gerade in dieser dem Sprachmodell folgenden Strukturierung und der Körperbetontheit liegt kein »einerseits – andererseits«, kein Widerspruch: das Eine ist Bedingung des Anderen. Techno ist nicht eine Musik deren Strukturen Bedeutungen vermitteln, Techno ist keine mediale Musik, Techno ist funktionale Musik: Sound, seine Intensität und