68 Vom Aufziehen eines hedonischen Weltbildes spezifische, meist monotone Reihung, stehen im Dienste der Körperlichkeit; die Struktur des Sounds macht Techno zur sensorischen Musik. Techno ist spätestens seit dem Sampling und der Verwendung von Soundmaschi-nen nicht das synthetisierende, klangforschende Komponieren, das Zusammenstellen der Moderne. Techno ist ein Auswählen aus dem technisch wie ästhetisch Verfüg-baren, 1 primär ohne dessen kontextuellen verweisenden Charakter. Lediglich der Klangcharakter von Samples ist bestimmend. Dieses Auswahlverfahren ist kein ra-tionales, einem Außenkriterium, einer Theorie folgendes, es ist ein dem Hedonismus des Körpers untergeordnetes. Rational kontrollierte Synthese der Moderne weicht dem Auswählen aus der Vielfalt des Vorhandenen, kontrolliert durch Hedonismus. Die derzeit höchste Form von Verfügbarkeit liegt als Potentialität im digitalen Code. Digitalisierung konver-tiert physikalische Zustände auf der Ebene der Codes. Durch diese Konvertierung unterliegen selbst physikalische Erscheinungen nicht mehr den Gesetzen der Physik, sie sind willkürlich, willentlich gestaltbar. Hedonismus ist jene gestaltende Kraft (vgl. BERLYNE 1970, 1971, 1974), die aus dem unendlich Verfügbaren, unendlich Möglichen die Auswahl nach dem körperlich Fassbaren trifft. Digitalisierung hat Miniaturisierung, Massenproduktion, damit Verbilligung und allgemeine Verfügbarkeit gebracht. Verfügbarkeit ist auch im sozioökonomischen Bereich durch Hedonismus geregelt. Hedonismus ist Auswahlkriterium und damit gestaltende Kraft des Techno, der digital culture – sie hat die experimentelle Ästhetik neu bewertet, hat den Körper und seine mechanistischen Fertigkeiten sowie die aus der Erfahrung der Körperlichkeit entstandenen Denkprinzipien als rationale idealistische Logik überwunden – digital culture hat den Körper als hedonisch kulturelles Regulativ neu definiert. UNGEHEUER (2002) sieht in der rationalen, entwickelnden Musik, die der E-Musik zugeordnet wird, typische Züge der Moderne; solche Musik, die durch Auswahlverfah-ren aus der Vielfalt des Vorhandenen entsteht, wie dies die U-Musik charakterisiert, bezeichnet sie als postmoderne Musik. Den synthetisierenden Forschrittgedanken als modern, das analysierende Verfahren des Auswählens aus dem Vorhandenen als postmodern zu werten, überwinde die unselige Trennung von E- und U-Musik; dass es selbst innerhalb dieser Kategorien U-Musik gibt, die E-musikalisch entsteht und E-Musik, die U-musikalisch durch Auswahlverhalten entsteht, widerspricht dieser Kategorisierung nicht. Diese Trennung geht auch einher mit der Unterscheidung von Musik und dem Musizieren aus dem Hier und Jetzt. Ist Ersteres eine hoch mediatisierte Form, so ist das Zweite körpergebunden und hedonisch; ist das Erste synthetisierend, ist das Zweite im unmittelbaren kommunikativen Akt analysierend und interaktiv. Dies folgt den Vorstellungen von modern und postmodern, zugleich der Trennung zwischen dem abgeschlossenen Werk der E-Musik und dem prozessorientierten Musizieren der U-Musik. 1 Ähnlich jener auf Icons basierenden Betriebssysteme, TOS von ATARI und OS von Apple Macintosh, die letztlich mit dieser auswählenden Bildhaftigkeit Verfügbarkeit geschaffen und damit das allgemeine Musizieren mit Computer initiiert haben. Diese Systeme stehen im Unterschied zu jenen auf Befehlssprachen basierten Betriebsystemen (DOS), die eher der Umsetzung formalisierter Sprachen der Mathematik angepasst sind wie FORTRAN, formula translation.