1 Populäre Kultur und ihre Musik 1.1 Hypothesengenerierende Einleitung Die Natur-Wissenschaft hat das Allgemeine in die Kultur des 20. Jahrhunderts gebracht. Am Wiener Kreis ist die Nähe der Epistemologie und Ideologie in der Beachtung des Allgemeinen auch in den Human- und Sozialwissenschaften als metho-disch adaptierte Derivate der Naturwissenschaft nachvollziehbar. Das Allgemeine ist der Demokratisierung inhärent, diese geht mit der Ausbildung horizontaler Gesell-schafsformen einher bzw. strebt diese an. Nach den kleinen sozialen Experimenten der Avantgarden der sechziger Jahre, die das explizite Zusammenführen des Sozialen und Demokratischen in Regierungsformen der siebziger Jahre in Europa vorbereitet haben, wird diese Haltung durch die Verfügbarkeit entsprechender Technologien und erprobt in den vernetzten Künsten erneut zum Postulat – Hackertum trifft sich mit basisdemokratischer Haltung zum Entwurf gesellschaftlicher Alternativen. In digital communities bescheidet man sich heute damit, effiziente kollektive Arbeitsformen zu finden und verlässt zunehmend die Utopie einer horizontalen Gesellschaft. Die Avantgarden der Kunst, in ihrer Zuwendung zum Alltäglichen, formuliert im Postulat Kunst = Leben : Leben = Kunst, finden in Pop ihre Popularisierung und werden zum gelebten Mainstream, einem ästhetisierten Alltag einer Erlebniskultur. Der Demokratisierung durch Wissenschaft und Kunst folgt nun eine ihrer möglichen Implikationen: Informalisierung durch Pop. Mit ihrer auf die Allgemeinheit gerichteten Haltung ist »popular culture [. . . ] the voice of democracy« (BROWNE 1984, S. 1), damit gehe ein Informalisierungsschub einher; Musik ist dabei der Katalysator einer hedonischen Körperkultur, einer Erlebnisgesellschaft (SCHULZE 2000). In ihr haben sich die Wertschätzungen von Alltagskultur und Hochkultur ver-kehrt. Körperlicher Genuss, Distinktion von bürgerlichen Normen und eine daraus abgeleitete Lebensphilosophie beschreibt Gerhard Schulze (2000) aufgrund eige-ner Erhebungen und in Übereinstimmung mit den Studien Bourdieus (1984) als Charakteristika einer Alltagskultur, die sich von einer sublimierenden Hochkultur abgrenzt; in der Pop-Kultur wurde diese Abgrenzung über Musik vollzogen. Pop hat den mit der Beachtung des Besonderen im idealistischen Weltbild ver-drängten Körper zurückgeholt. Digital culture redefiniert diesen Körper hinsichtlich der Wertung seiner Fähigkeiten – die hedonischen gewinnen in einer Welt der Will-kürlichkeit an Bedeutung, in einer Welt, die als Transgression des Mechanistischen gelten kann. Letztlich kulminieren all diese Aspekte in einer popular culture. Pop-Culture ist eine hedonische Kultur. Die sie dominierende Musik ist in Rezep-tion und Generierung eine Körperpraxis (WICKE 2002). Der hedonische Körper ist wesentlicher Katalysator der Entwicklung einer hedonischen Gesellschaft in der er abseits seiner zweckgebunden mechanischen Fertigkeiten als hedonisches Regulativ in zweierlei Form in den Vordergrund tritt und Beachtung findet. In Pop-Musik