1.1 Hypothesengenerierende Einleitung 85 und Emotionslaut und deren pop-musikalische Instrumentarisierung im Sound of Pop basalen emotionalen Signalcharakter und sind funktionale Teile in einem emo-tionalen als politischen Klima (vgl. ELIAS 1992) der Alltagskultur. Die emotionale Bestimmtheit dieser Alltagkultur ist durch den Wandel vom Gebrauchswert ihrer Güter zum Erlebniswert ihrer Fetische gekennzeichnet (SCHULZE 2000) – anstelle von Produkten werden Images erzeugt und distribuiert: Pop spielt damit. Diese Annahmen weisen Pop-Musik-Forschung innerhalb der Pop-Culture- Forschung als systematisch musikwissenschaftliche Forschung aus mit Bezügen zu den anderen Disziplinen, die durch ihre entsprechende Sicht den Gegenstand jeweils neu definieren. Dieser Diskurs gliedert die Arbeit in kulturwissenschaftli-che Ansätze ein. Allmählich hat sich Pop-Musik mit dem Wandel des forschenden Blicks auf die »klassischen« innermusikalischen Elemente hin zu den Bezügen vom innermusikalischen Parameter Klang und außermusikalischen Funktionen von einem »trivialen«, einer Randdisziplin zugeschobenen Forschungsgegenstand, zu einem vermittelnden Gegenstand der Disziplin etabliert, in dem die methodischen und theoretischen Trennungen der Musikwissenschaft notwendigerweise überwunden werden. Mit der wissenschaftlichen Beobachtung des Forschungsgegenstandes Pop ist seine Beachtung gekoppelt. Das Insiderverständnis einer doppelt sozialisierten Generation hat ein Bewusstsein für Klang als primären innermusikalischen Parameter der Pop-Musik etabliert. Die Klangdominanz wurde mit klanganalytischen Verfahren im Zusammenhang mit dem Produktionsprozess studiert – technische Bestimmtheit wurde meist in sprachorientierte Kompositionsweisen integriert und damit der Symbolwert von Sound diskutiert – individuelle, soziale und politische Wirkungen des Sound of Pop wurden parawissenschaftlichen Erklärungen der Szene überlassen. In Entsprechung der vielbekundeten Klangdominanz wird nun versucht, den Weg des funktionalen Verständnisses von Pop zu gehen, von der zeichenhaft ge-setzten Musik zum körperhaften Musizieren, Pop als Rückschritt im Prozess der Mediatisierung zu betrachten – ein kleiner Schritt für den Pop-Musiker, ein großer Schritt für den Theoretiker. Der körperverdrängenden Kulturleistung verhaftet, die zeichenhafte Repräsentanz von Wirklichkeit (CASSIRER 1964) als Kultur wertet und damit jene Musik, die mit der Schaffung von Schriftzeichen entstanden ist, wird ein Verständnis von Kultur als emotionales Konzept (ELIAS 1992) entgegen gesetzt, für dessen »Funktionieren« die konnotative Kommunikationsform Musik höheren Erklärungswert besitzt als die zeichenhafte Kommunikationsform Wortsprache – Pop-Musik ist, bevor sie zeichenhaft kommuniziert, unmittelbar körperlich erregen-der Klang und aus dem erregten Verhalten wie dem entsprechenden Emotionslaut ableitbar und steht damit in der Nähe der Erklärung originären Musizierens. Musizieren ist einerseits als instrumentarisiertes körperliches Verhalten (BLACKING 1977) aus Erregung, andererseits ist Musik als kulturelle Überformung des Emotionslauts (KNEPLER 1977) zu betrachten. Ausgehend von einer vorsprachlichen Kommunikationsform haben sich Musik und Sprache als kulturelle Überhöhungen des Lautes, der eine Emotion begleitet, auf die störungsfreie Kommunikation unterschiedlicher Aspekte der erlebten Emotion phylogenetisch spezialisiert. In der »Geschichte als Weg zum Musikverständnis« weitet KNEPLER das historische Verständnis in ein phylogenetisches. Anthropologi-