1.3 Forschungsansätze im Bereich der popular culture 105 der Sozialwissenschaften verpflichtet versuchen sie zu beschreiben und nicht zu postulieren, zu erklären und nicht zu bewerten. Forschungsgegenstand ist ein Status quo, Produkte und Gedanken, die von den Menschen freiwillig geschaffen und konsumiert werden. Deren Beobachtung ermöglicht den Zugang zur Kultur und ihren Menschen, die diese Produkte letztlich hervor gebracht haben, er erlaubt auch die Funktionen dieser Teile der Kultur anzugeben. Wenn man die Abkehr vom Allanspruchs einer zeitunabhängigen Qualität auf die räumlich-soziale Gültigkeit von Kultur generalisiert, eröffnet sich eine zeitgemäße empirische Forschung der populären Kultur, auch von Teil- oder Subkulturen. In Mass Civilisation and Minority Culture beginnt Frank Raymond LEAVIS (1930) seine Auseinandersetzung mit der modernen Welt, die eine scharfe politische Kritik ist: »Culture and democracy (are) unalterably opposed«. Nur eine Minderheit von Leuten vermag Kultur einzuschätzen und zu werten. Sie sei sozusagen ein Zentrum des kollektiven Bewusstseins und Wissens, das die breite Masse führen könne. Leavis und die ihm folgenden Leavisten orten eine zunehmende Dominanz visueller Medien und Stilmittel und schreiben diesen eine hypnotisierende Wirkung auf die Konsu-menten zu, eine Suggestion, die mit der Präzision der applied psychology betrieben werde. Pluralismus und die Dominanz des Visuellen brächten die Zerstörung des Erbes der Literatur und Kultur vorindustrieller Zeiten. Vor allem der Film lasse den Geist nicht mehr betätigen und dieser verliere sich in der großen Menge von Zerstreuungsmöglichkeiten, meist in der Gefühlsduselei einer illusionären Realität ohne aktive Imagination, wie das die Dichtkunst leiste. Film, Massenmedien und Werbung begünstigen lustvolles perzeptives Schwelgen und richten sich gegen die ästhetischen Werte der (Kontrolle, Zurückhaltung und) rationalen Distanz. Kri-terien der Moderne richten sich hier gegen die Ahnung der mit den Medien und ihren künstlerischen Hervorbringungen entstehenden Postmoderne; idealistische Rationalität wehrt sich gegen ein Verständnis von Kultur als emotionales Klima (assoziiert mit den verführenden Möglichkeiten der multimedialen Massenmedien). 1.3.2 Die Frankfurter Schule und das Emotionale im Pop Wenn auch mit anderen ideologischen Vorzeichen, so setzt sich der medienkritische Ansatz in der Frankfurter Schule fort. Dem kulturellen Geschehen der Zwischen-kriegszeit entsprungen führte die Wendung gegen die aus Amerika kommende Massenkultur wie gegen das intellektuell erlebte wie erlittene Nazitum zu einer seltsamen marxistischen Elitärphilosophie. Implikationen der Industrialisierung sind auch hier die kritisierten Ursachen der populären Kultur. Max HORKHEIMER und Theodor W. ADORNO (1971) stellen in der Dialektik der Aufklärung bereits 1947 vor der pop-kulturellen Jugendbewegung, die sich in antipodischer Symbiose von authentischem Rock, einem individuellen Wert der Identifikation mit Freiheit, und seiner massenhaften Ver»wert«ung vollzieht, fest, dass die Massenproduktion der Kulturindustrie das Supplement eines autoritären Fürsorgeregimes war. Für das Funktionieren von Produktion in der Industriege-sellschaft notwendig, ist Disziplinierung nicht auf das Leben generalisiert worden, sondern muss als Teil des Produktionsablaufs verstanden werden. Arbeitszeit ist an den Takt der Maschine gebunden, Freizeit ist Refraktärzeit, der Wohnort ist