112 Populäre Kultur und ihre Musik typologisierenden Sicht der bürgerlichen Medien wird später McLaren für sein Medienprojekt Sex Pistols nutzen und damit Punk als Medienkunst erzeugen. HOGGART war 1964 der Gründer des CCCS (leitete dies bis 1968), das unter Stuart HALL bis 1979 die ethnografischen Studien der Kultur der Arbeiterklasse fortsetzte. Die ideologisch motivierten und wissenschaftlich untermauerten Bedenken gegen Konformität der kapitalistischen Nachkriegsgesellschaft drücken sich im Interesse am Widerstand gegen ihre Repräsentanten, die Massenmedien, am stärksten aus. Die Jugendkultur der sechziger Jahre führte über spezifische Problematiken (Studentenrevolution, Frauenbewegung, Anti-Rassismus) zu einem multikulturellen System, zu spezifischen Gegenkulturen. Das Studium der subcultures war die ad-äquate Folge der Weiterführung von Studien zur Arbeiterkultur. Dick HEBDIGE (1979) beobachtet, dass die Gegenkultur von der herrschenden Ideologie absorbiert (aber dadurch nicht unwirksam) werde; die Massenkultur sei der Schlüssel zur Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ordnung. Gegenkultur vollzieht sich in der Errichtung von Zeichensystemen, Enteignung und Umdeutung von Zeichen sind dabei Methoden des Widerstands (vgl. ECO 1985), wodurch neue Bedeutungen erlangt werden, die innerhalb einer wirtschaftlich bestimmten Distribution zur Massenkultur werden – der dissidente Klang ist in diesem Prozess Zeichen von Dissidenz und nicht Dissidenz. Dem marxistischen Theoretiker der 20er Jahre, Antonio Gramsci, entlehnt die Birmingham-School die theoretische Annahme, dass liberale kapitalistische Systeme eher in der Konformität als der Opposition mit Randgruppen ihren entmachtenden Einfluss ausüben. Dominante Klassen deuten alle widerstreitenden Definitionen von Realität als alternatives Denken innerhalb ihres eigenen Denk- und Wertesystems: Familie, Schule, Kirche und Medien sind Sozialisationsfaktoren der Hegemonie, die es ständig neu zu erarbeiten gibt. Dennoch sind auch liberale kapitalistische Gesellschaften durch Macht strukturiert, die den Bedürfnissen der Produktivkräfte entspringt und dient. Diese sozioökonomischen Machtbezüge, von Karl Marx in einem einfachen Bezug stehend erachtet, Louis Althusser, Marxist der 60er Jahre, als Teil eines systemi-schen Gefüges. »Society for the early Marx is an expressive totality, reducible to the unfolding of a single principle. For Althusser, the social formation is a set of complex practices, each with its own specificity, its own relative autonomy; neit-her the economic, the social, the political nor the ideological can be reduced or collapsed into each other« (DOCKER 1994, S. 61). Obwohl direkte Abhängigkeit und Beeinflussung nicht nachweisbar ist, obwohl Teile des Systems und weiterhin Teilkulturen unterschiedlich und widersprüchlich sein können und sind, sind sie durch eine gemeinsame Ideologie vereint und deswegen ähnlich strukturiert, durch Macht. Neben den primären Sozialisationsfaktoren sind es dann für die Birmingham- School vorrangig die Medien als Teil dieser selbst Gegenhaltungen integrierenden und uniformierenden Macht. Konformität als subversive Kraft in einer systemischen und in allen – auch den subversiven – Teilen machtbestimmten Gesellschaft sind die importierten theo-retischen Prämissen linker Haltung von wissenschaftlicher Erkenntnisarbeit, die darin auch politisch wirkt. Das CCCS war und ist ein Bollwerk gegen die Macht kapitalistischer Systeme, die primär durch die Massenmedien verstärkt sind. Ihre