1.3 Forschungsansätze im Bereich der popular culture 115 europäischen Diskussionen viel »Anderes« aus – unter anderem das Schwarze, das Latino – beides mächtige Wurzeln der popular culture, vor allem der Pop-Musik und ihrer Kultur. Die Postmoderne ist eine europäische Diskussion und missachte we-sentliche Determinanten anderer Kulturen wie deren Entstehung und künstlerische Zentren; sie sei deswegen nur bedingt für die Diskussion der in ihren Grundfesten schwarzen Pop-Kultur geeignet, die mit der ekstatischen Show in Predigt und Sport in ihren Wurzeln wie im Mainstream verwachsen ist. Die Abwertung des Visuellen kann als Folge der (Verneinung des Sich-Ein-Bild-Machens der) protes-tantischen Haltung KANTS, auf den sich LYOTARDs Immaterialitäten-Diskussion bezieht, angesehen werden; die schwarzen Religionen sind primär bildhaft, iko-nisch – und stehen den Vorstellungen der populären Kultur Amerikas und seiner Postmoderne-Diskussion – z. B. in der Architektur, aber auch in der werbemäßigen Aufbereitung von Pop-Musik mit den Mitteln des Films, der Fanzines und des Videos – näher, während LYOTARD das immateriell nicht-referentielle der Malerei bemüht und wertschätzt, hingegen die Photographie, den Film als referentielle, materielle Erscheinungen abwertet. Der Poststrukturalismus sieht im Spiel zwischen Kontext und Text seine er-kennende Methode. Anders als der Marxismus sieht dieser Neohistorizismus den Kontext nicht als stabilen uniformen Hintergrund, sondern selbst als Text. Der französische Strukturalismus nimmt an, dass jede Struktur ein sehr tief liegendes Zentrum habe, das alle Entitäten der Struktur in sich trägt und bestimmt bzw. auf das die Struktur final gerichtet ist. In dieser Annahme eines Zentrums steckt der zentrale Gedanke der Moderne, Sicherheit um die einzige Wahrheit. DERRIDA (1978) nimmt eine Struktur ohne Zentrum an und gewinnt damit die Möglichkeit einer steten Neuinterpretation ohne Ende, ein nicht lineares, nicht finales System. »The centre, as Derrida characteristically writes, is not a centre. The centre governs the structure, but is itself beyond the play of meanings, of ›repetitions, substitutions, transformations, and permutations‹ involved in a fuller history of meaning. The centre maintains the structure as enclosed totally, as if it contains or exhausts all the meanings we can attribute to the structure.« fasst DOCKER (1994, S. 132) die Gegenposition zum essentialistischen Strukturalismus in »Structure, Sign and Play in the Discourse of Human Sciences« zusammen. Diese Sicht befreit Struktur zugunsten einer Strukturalität, einem Spiel der Strukturen; sie führt damit den modern unidirektional naturwissenschaftlich orientierten Strukturalismus über in einen postmodern pluralen. Pop-Kultur und ihre Musik, die im Konglomerat von Wirtschaft, Medien, Politik und Kunst als Alltagsgegenstand entstanden und gewachsen ist, ist ein paradigmati-sches Feld für die postmoderne Sicht. Für eine Sicht, die abseits der positivistischen und damit der Gefahr der projizierenden Schöpfung von cultural imaginaries Bestim-mungsgrößen nicht nur isoliert, sondern sich zugleich auch als Bestimmungsgröße von Pop-Kultur sieht. Singularität und Besonderheit werden zurück gestellt hinter Pluralität und Mischformen. Dabei werden letztlich nicht die Kultur, Gesellschaft und Politik untersucht, sondern ihr Erscheinen als verschlüsselte Muster eines Kon-glomerats von Texten, Kontexten und kulturellen Praktiken. Methodisch sieht die Postmoderne in der multivariat vernetzten Sicht, in der beschreibenden Erklärung wie erklärenden Beschreibung ihre Erkenntnismöglichkeiten, genährt vom Bewusst-