124 Populäre Kultur und ihre Musik nicht vermarktbar sein dürfte« (CORBETT 1996, S. 87). Nochmals – in dieser Dop-pelbödigkeit liegt die Chance, die Masse zu erreichen und ihre Werte zu ändern. Durch das Ansprechen der Jugend durch die Jugend seit dem Rock’n’Roll, dem Beat, dem Punk und Hip-Hop konnte eine Gegenkultur entstehen, »die nicht nur radikale Kritik an kapitalistischen Reproduktionsbedingungen im weitesten Sinne formulierte, sondern auch sämtliche Sozialisationsinstanzen des Staates (Familie, Schule, Beruf) unterminierte und durch ein selbstgeschaffenes Wertegefüge ersetz-te « (GURK 1996, S. 23). Und hier greifen dann wieder die Thesen BENJAMINs, die »als Vorläufermodell aller Subversionstheorien von Edel-Revolutionären wie Hans Magnus Enzensberger oder Sixties-Gegenkultur-Protagonisten wie Helmut Salzinger« [dienten]. »Sie alle gehen mehr oder weniger von der Annahme aus, daß die Kulturindustrie kraft ihrer eigenen Logik antagonistische Wertesphären generiert, die unter bestimmten Bedingungen in einen Kampf um die kulturelle Hegemonie eintreten können« (ebenda, S. 23). Die Anderen und das mittlerweile ausdifferenzierte Wir sind Widersacher – dabei beide Verlierer und Sieger zugleich. 1.4.3 Politische Veränderungen durch Pop-Musik – von der außerparlamentarischen Opposition zur parlamentarischen Alternative Dick HEBDIGE (1979) sieht aufgrund seiner Arbeit über die britische Punk-Bewegung den kritischen Punkt von Gegenhaltungen in der Vermassung ihrer Werte; es ist dies der »Prozeß der Einholung« (HEBDIGE 1979, S. 17) einer Bewegung durch die herrschende Kultur. Was HORKHEIMER & ADORNO (1971) als aussichtslose Abhängigkeit der Individuen befürchtet hatten, führt in Jugend- und Pop-Kultur dennoch zu neuen alternativen sozialen Bewegungen: vom pubertären Bedürfnis nach persönlicher Freiheit zu einem Wir-Verständnis in den sechziger Jahren, zu alternativen Parteien, nachdem in einer revolutionären Phase das Agieren (in Berlin und Zürich zu Beginn der achtziger Jahre) dem demokratischen Bewusstsein als Output der sechziger Jahre (deren reflektorisches Denken durch die Einengung persönlicher Triebkraft zu motiviert sein schien) beigefügt wurde. Diedrich DIEDE-RICHSEN (1996) sieht in der Pop-Bewegung die Alternative zum Parlamentarismus: Pop – ist er nicht die informelle Herausbildung als Supplement zum Parlamentaris-mus, der nach dem Krieg aus der Not formell eingesetzt wurde, ein Supplement, das die kleine Stimme erlaubt und diese nicht im parlamentarischen Repräsentationsakt erstickt? Jene Generationen, die Pop nach der pubertären Phase der fünfziger Jahre, der adoleszenten der sechziger Jahre in der agitatorischen der achtziger Jahren mitgetragen haben, jene Generation, die diese Entwicklungsstufen ontogentisch selbst mitvollzogen haben, haben sich in den parlamentarischen Prozess eingeordnet. Intellektuell aufgeladen ist die grüne Alternative durch das Gedankengut der Beat-niks, die Erinnerung an die Amerikanische Gewerkschaftsbewegung, beides im Folk thematisiert. Grün-Bewegungen sind genährt aus den Antiatomdemonstrationen der späten fünfziger Jahre, aus dem Hippietum, der Stadtflucht, dem zunehmenden Bewusstsein für das Natürliche auch in der Pop-Kultur. Das Alternative hat das Kampffeld der proklamierten Gegenhaltung, die Straßenschlacht der 68er und die