1.4 Stadien der Pop-Kultur aus theoretischer Sicht 125 Schlachten in den europäischen Geld-Metropolen in den achtziger Jahren verlas-sen und fügt sich in das demokratische System ein. Die ursprüngliche Fusion der beiden Lager, wohl einem Pakt von Außenseitern, der Idee des »gemeinsam macht stark« entsprungen, hat sich zunehmend ausdifferenziert – Grünideologien sind abseits deklarierter Parolen in alle Parteien gedrungen, zumindest Interesse wird bekundet; das Alternative hat zu alternativen Parteien, meist am linken Flügel der Sozialdemokratie (zuvor meist die politische Heimat der Gegenhaltungs-Akteure) geführt. Die kulturellen Interessen gerade dieser neuen politischen Randgruppen sind klar am Aufklärerischen im Pop orientiert. Das Authentische, das sozial und politisch Kritische in Pop und Kabarett abseits von Großveranstaltungen ist ihr kulturelles Umfeld – sie stehen dem Kulturbetrieb als einer Lebensform gegenüber, die sich gesellschaftlich als etwas »Besonderes« zu repräsentieren versucht, deren stärkste Repräsentanten die Angehörigen der Freiheitlichen sind. Die Sympathisan-ten der beiden Großparteien unterscheiden sich hinsichtlich ihres kulturellen wie pop-kulturellen Verhaltens nicht signifikant nur geringfügig in Richtung Erwartung, die durch entsprechende parteipolitischen Linien formuliert sind (JAUK 1988). 1.4.4 Das gesellschaftsverändernde Spiel mit der emotionalen Qualität von Sound Pop ist assoziiert mit Massenkultur, Pop ist assoziiert mit Jugendkultur, Pop ist assoziiert mit Subkultur. Als Massenkultur ist Pop volksnah, differenziert sich aber klar von Volkskultur. Pop ist nicht selbstgenerierende Kultur, sie ist vom Zusammenspiel von wirtschaft-lich/ politischen Interessen einer etablierten Schicht und einer möglicherweise dagegen opponierenden Jugend bestimmt. Ist für die Wirtschaft authentische Musik das Material des kommerziellen Prozesses, so ist für die authentische Bewegung vor allem die Wirtschaft die Distribution ihrer Vorstellungen. »Der ideologische Einfluss einer Platte wird vom Marktgeschehen bestimmt« (FRITH 1981, S. 60). Diese wirtschaftlichen Interessen sind Katalysatoren einer Dehnung des Begriffs Jugend. Pop-Musik ist nicht mehr nur die Musik der Jugend (SCHULZE 2000; REDHEAD 1990). »Einer der wichtigsten Marktfaktoren des heutigen Musikmarktes sind Leute über vierzig mit eigenen Zeitschriften wie ›Q‹ und ›Mojo‹, eigenen Radioprogrammen wie ›Capital Golg‹ und ›Virgin FM‹, wo die Musik ihrer Jugend gespielt wird« (HUQ 2000, S. 21). Retro-Programme basieren auf jener emotionalen Bindung, die der Rezipient mit dem Pop seiner Pubertät eingeht (vgl. JOST 1982). Die Jugend von damals hat heute aber trotz ähnlicher Hörgewohnheiten andere gesellschaftliche Funktionen: Großbritannien hat »mit Tony Blair einen [. . . ] Premierminister, der in seiner Studentenzeit in einer Rockband spielte« (HUQ 2000, S. 22). Von Bill Clinton bis Wolfgang Schüssel bemühen sich Politiker inWahlstrategien mit der identifizierenden Geste des Spielens eines pop-nahen Instruments um Volksnähe. Pop als Subkultur mit authentischem Anspruch kann heute nicht mehr so funk-tionieren wie zu den Zeiten, als Subkultur »ein intellektuelles Produkt der Chicago School in den USA der fünfziger Jahre und des Centre for Contemporary Cultural Studies [. . . ] in Birmingham in den Siebzigern« (HUQ 2000, S. 18) war. »Die wis-