126 Populäre Kultur und ihre Musik senschaftliche Betrachtung von Jugend-Subkulturen in den späten siebziger Jahren fasste ›authentische‹ Subkultur als kollektiven kulturellen Widerstand mit sozialem Zusammenhalt auf« (HUQ 2000, S. 18). Einzelne benennbare Subkulturen kulmi-nierten im Punk: »die Bewegung sei ›das beste Beispiel für Subkultur, Stil und Sound, vakuumverpackt für das Archiv der Popkultur. Es ist nicht das Ende der Verbindung aus Pop/Rock/Jugendkultur, sondern ihr vollkommenstes Produkt‹« (REDHEAD 1990 zitiert nach HUQ 2000, S. 18). Die Ausdifferenzierung der Marktnischen und der Methoden der Dissidenz, die Vielfalt einer vorhandenen eigenen Geschichte macht aus einer Folge von Subkultu-ren ein Konglomerat bestehend aus mehreren Subkulturen. Zum Teil leben sie im Schatten ihrer eigenen Vergangenheit, die wiederum selbst längst in die Gesellschaft integriert ist. Das moderne Bild des Fortschritts weicht zunehmend dem postmoder-nen der Pluralität. »Die Struktur der Gesellschaft als Ansammlung subkultureller Schubladen macht es schwierig, Aspekte der sozialen Wirklichkeit zu verstehen, wenn man eine übertrieben statische und totalisierende Sicht der Welt hat« (FRITH 1983 zitiert nach HUQ 2000, S. 22). Die Methode, dass deklarierter Widerstand gegen Konkretes manifestartig ver-kündet wird, hat sich verändert. Heute »geht es nicht mehr um den Blick zurück im Zorn, um eine Reaktion auf die vorige Generation, sondern darum, sie zu verwenden und sich ihrer im Rahmen dessen, was Ted POLHEMUS ›das semiologische Pauscha-langebot‹ nennt, zu bedienen [. . . ], eine breite Palette von Ausgangsmaterialien in neuen Zusammensetzungen« (HUQ 2000, S. 22) kennzeichnet diesen postmodernen Begriff von Subkultur. Was hier als kontextvariierendes, dekonstruierendes Spiel mit Zeichen skizziert wird, was zuvor als Enteignung von Zeichen im »semiologischen Guerillakrieg« (ECO 1985) beschrieben wurde, ist und bleibt die Sichtweise von kulturellem Verhalten auf der Ebene von Zeichen. Zudem und möglicherweise davor sind diese Subkulturen über ihr dominantes Medium Sound charakterisiert, das auf der asemantischen/apragmatischen Ebene nicht bezeichnet, sondern stimuliert. Diese Eigenschaft war Pop, als stimulierender Tanzmusik, stets eigen, über Techno wird sie allgemein thematisiert. Um die Überreste der siebziger Jahre Subkultur an die geänderten Verhältnisse der Gegenwart anzupassen, rekurrieren Jeremy GILBERT und DJ Ewan PEARSON auf jene stimulierenden Qualitäten von Sound und deren mögliche politische Implikationen. »Ihr Buch ›Discographies‹ entwickelt kritische und politische Momente der Rave-Kultur aus den Eigenschaften der Musik selbst heraus – dem Rhythmus, dem Timbre, der Granularität [. . . ]« (HÖLLER 2000, S. 30). Die Mutation der musikalischen Elemente vom Pop-Lied zum Disco-/Techno- Sound-Pattern ist die »Verschiebung von autonomen, linearen und klimatischen Soundstrukturen zu eher physisch dominierten, zyklischen und Timbre-orientierten« (HÖLLER 2000, S. 30). Die physische Qualität von Rhythm and Sound triggert körperliche Erregung, die in Bewegung, auch in kollektiver, mündet und implizit Gestimmtheit schafft für politische Bewegung. Diese sensorischen Stimulusqualitäten der neuen und im Techno dominanten musikalischen Parameter zeigen »starke Tendenz zum Kollektivismus. Die Clubber-Erfahrung des Vergnügens mit anderen, die Lust an der Nähe zu anderen – das sind potenziell sehr mächtige Elemente einer demokratisch-kommunitaristischen Politik« äußert Jeremy GILBERT im Gespräch