132 Populäre Kultur und ihre Musik Raum der Alltagsästhetik zutreffend bis etwa Mitte der sechziger Jahre, als sich das Spannungsschema als dritte Dimension abzuzeichnen begann« (ebenda, S. 157). Der Zeitpunkt der empirischen Berichte von SCHULZE (2000) ist jener, in dem Techno zum Mainstream wird und sich das manifestiert, was allgemein den hedo-nisch aufreizenden Charakter von Pop-Musik als Motor der individuellen pubertären Erregung wie der kollektiven Erregung in ihrer adoleszenten Phase (die zumeist mit der seiner Träger einhergeht), zum dominanten Erlebnisstil macht. Dem wertenden Terminus »Hochkulturschema« und seinem damaligen Gegensatz, dem »Trivial-schema «, stellt BOHRER (1979) das Aufklärerische als beiden gemeinsam bei; er ortet das Hedonistische im Spannungsschema. Dem Aufklärerischen der Haltung und Gegenhaltung folgt der Hedonismus als neue dritte Qualität, Spannungssche-ma bezeichnet diese selbstbezogene aber kollektiv wirkende funktionale und nicht sprach/zeichendominierte, antiaufklärerische neue Phase. Affirmation und Gegen-haltung sind jene Begriffe der Frankfurter Schule, die mit Blickpunkt auf Kritik an kapitalistischen Systemen dieser aufklärerischen Phase als notwendig sich er-gänzende Varianten der kapitalistischen Gesellschaft wirken – vor dem expliziten Aufkommen hedonischer Gegenhaltung oder hedonischer Autarkheit. Dass in dieser hedonischen Phase der Körper eine wichtige Rolle spielt, dass diese hedonische Phase mit Pop entstanden ist (WICKE 2001), unterstreicht zunehmend den funktionalen Aspekt, unter dem diese neue Kultur zu sehen, ist. SCHUL-ZE (2000) stellt ELIAS (1992) Paradigma als adäquat vor und weist auf BERLY-NEs (1970, 1971, 1974) experimentelle Ästhetik und damit auf die Verbindung physiologischer und ästhetischer wie sozialer Prozesse hin, auf den Zusammenhang zwischen Erregung durch syntaktische Elemente und der motivationalen Funktion dieser auf individuelles und soziales Verhalten. Dass diese Dimensionen keine sich gegenseitig ausschließenden sind, dass sie in einem vielfältigen Zueinander in einem mehrdimensionalen Raum der kulturellen Stile zu betrachten sind, lässt diese Sicht als postmoderne erscheinen. Die komplexe Beziehung dieser Dimensionen befreit sie auch von ihren wertenden Beurteilungen wie den damit auch einher gehenden Verhaltensweisen und deren intellektuellen Verstärkungen: Hochkultur und Trivialkultur, Affirmation und Gegenhaltung. E- und U-Musik – lösen sich möglicherweise in einem modernen Fortschrittsver-ständnis zu einer postmodernen Pluralität auf (UNGEHEUER 2002). Der aufkläreri-sche Anspruch weicht dabei einem hedonischen, das Modell der Betrachtung ändert sich von einem zeichenhaft sprachorientierten zu einem zunehmend funktionalen (JAUK 2002a,b), Kultur wird von einem Zeichensystem (CASSIRER 1964) zu einem emotionalen Klima (ELIAS 1992), »zu Gemeinsamkeiten, [. . . ] als isomorphe Ver-knüpfungen von Subjekt (Körper und Bewußtsein) und Situation bei einer Mehrzahl von Individuen« (SCHULZE 2000, S. 82). Hedonistische Kultur ortet eine Individualisierung, die nicht nur als »Spätwirkung der Modernisierung« [zu betrachten sei]. »Die Verselbständigung des Subjekts ist teils Ursache, teils Wirkung der Auflösung des traditionellen sozialen Geflechts von sozialer Schicht, Familie und Nachbarschaft, in dem sich das Subjekt aufgehoben fühlen konnte« (ebenda, S. 87). Der Übergang von einer Industrie- zu einer Infor-mationsgesellschaft technoider Prägung unterstützt Dezentralisierung und diese wiederum Individualisierung. Damit einher geht eine Innenorientierung; die Vermen-