136 Populäre Kultur und ihre Musik In der Erforschung beider auf originären Musizierformen basierenden nicht-artifiziellen Musikformen besteht aber methodische Nähe. Die Körper-Klang-Emotion-Koppelung berührt Körperlichkeit, eine »neue Kör-perlichkeit « auf einer geänderten politischen Basis. Mit dem Generationswechsel von der Post-War-Generation, die – vom Wissen um den Missbrauch (in ihrer Elternge-neration) biologischer Fundierung nicht nur ästhetischer Phänomene gebranntmarkt – die soziale Machbarkeit auf ihre Fahnen schrieb, zur Post-68-Generation, die gegen das linke Aufklärertum ihrer Elterngeneration »Fun« als Strategie gegen sozialen Bi-as, gegen systematische Verzerrung durch theoriengelenktes Handeln erachtete, sind mit Hedonismus biologische Erklärungen sozialer Verhaltensweisen ins allgemeine Bewusstsein zurück gekehrt und körperbezogene Emotionalität als politische Größe kollektiv gelebt. Die Lenkung willkürlicher Machbarkeit digitaler virtueller Welten durch Hedonismus hat diese »neue Körperlichkeit« auch ästhetisch verstärkt; trotz allen kritischen Wissens um die Gefahren eines Biologismus, trotz allen Glaubens an Machbarkeit ist die Haltung der Generation der »neuen Körperlichkeit« nicht immer frei von sozial normativen und darin inkorrekten politischen Ansprüchen – gelebter Mainstream-Techno verführt mit mythologischen Herrschaftsideologien, Hip-Hop der hedonischen New School artikuliert Ausgrenzung von sozialen Randgruppen. 1.5 Sound-Generations – Soundkonzepte des Pop und ihre soziopolitische Basis 1.5.1 Die vielfache Verstärkung des lauten Widerstands Pop-Kultur ist aus Verführung zur Stabilisierung des kapitalistischen Systems geboren. Im Verschmelzen der eigenen Kultur mit der ersehnten lässt sich die Genese des Pop beschreiben. Der amerikanische Rock’n’Roll ist wohl in der »geschlagenen« weißen Generation als Synthese von emotional (scheinbar) Nahem, aber doch exotisch Fremdem, dem schwarzen Blues, mit der eigenen Volksmusik, der Country-Music, mit der man prinzipiell vertraut war, entstanden; der pubertäre Romantizismus hat die Dinge allerdings verklärt (vgl. HEISER 1997). Mit dem Erwachsenwerden ist diese Verklärung einer politischen Alternative gewichen. Die Genese sowie weitere zwei dominante Entwicklungsschritte der durch Gegen-haltung gezeichneten Pop-Musik lassen sich an einem Modell darstellen, das die persönlichen individuellen Entwicklungsschritte mit der Entwicklung von Generatio-nen parallel führt (JAUK 1995b): Der amerikanische Rock’n’Roll ist ein »Mulatte«, die politisch wie kommerziell verwertete Symbiose der schwarzen Ausdrucksformen (primär der harmonischen und rhythmischen sowie gesanglichen Eigenheiten, die im Blues ausgedrückt sind) und der Instrumentierungsformen des weißen Country- & Western-Stils. Die ideologischen Grundstimmungen beider Kulturen werden zu-nehmend mit der Gegenhaltung der Beatniks vereint. Diese Bewegung von jungen Literaten in den fünfziger Jahren ist die intellektuelle Ausformung des Bewusst-seins gegen jene etablierten Lebensformen der Disziplinierung, wie sie auch der europäische Wiederaufbau trotz der Erfahrungen damit im Dritten Reich noch in der Folge des Zweiten Weltkrieges lebte. Die Beatniks sahen in der schwarzen