146 Populäre Kultur und ihre Musik Klanglichkeit und Monotonie und der damit beabsichtigten körperlichen Wirkung sind Hip-Hop und Techno sich ähnlich. Die massenmedial geprägte Synthese der schwarzen Haltung mit den Gesetzmäßigkeiten des weißen Marktes ist bereits die Re-zeptionsform der Techno-Macher in Europa, die später Hip-Hop zu einer Tanzmusik machen. Im Unterschied zum »instrumentalen« Techno ist Hip-Hop orale Musik, Rap, das rhythmisch gesprochene politische Wort, ist sein Zentrum; Geste ist nicht körpe-rumrankende Ornamentik, Geste ist Ausdrucksverstärkung, ist massenbeschwörend wie das Handauflegen der schwarzen Priester, das Kreuzen der Hände in Pausen, Geste ist aufwiegelnde Körpersprache von gestählten und darin Macht im Stras-senkampf signalisierenden Aussenseitern, Gesten die zeichenmäßig überhöht und nonverbal intuitive Sprache der Selbstbestimmung von rivalisierenden Gruppen sind (HEINZLMAIER 2004). Seine Wurzel liegt in der oralen (tagespolitischen) Informa-tionsübermittlung der »Griots« in Schwarzafrika. Rap ist demnach die »schwarze Ghetto-Version des CNN« (äußert sich Chuk D. von Public Enemy) – Rap entsteht nicht nur in den schwarzen Zentren der amerikanischen Großstädte, Rap ist auch ein europäisches Phänomen der Postkolonialisierung, wie dies am französischen Rap zu lesen ist. Als identifikationsstiftendes Medium der Schwarzen hat Hip-Hop in Europa zuerst in den ehemaligen Kolonialisierungs-Staaten eigene Szenen geschaffen. Obwohl es im Rap um die Vermittlung von Botschaften geht, um die Geschichte der Black Community und ihrer sozialen und politischen Outsider, ist es nicht ein Referieren von Fakten, sondern deren gleichsam literarische Verarbeitung, ihre Interpretationen. Rap ist damit die Etablierung/Distribuierung der Sprache und zugleich Denkhaltung schwarzer Minderheiten, aber auch jener der schwarz infil-trierten Latinostaaten – in einer, verglichen mit den Vorformen (Jazz, R&B, Soul, Funk) aggressiven körperlichen Art durch die Kinder der Bürgerrechtsbewegung und der Black Power Movement, die grundlegend auf Argumentation basierte. In dieser politischen Intention ist Hip-Hop autark, er ist seine eigene Geschichts-schreibung, die Produktions- und Lebensbedingungen sind Inhalte der Texte; Hip- Hop »erzählt« von Opfern der Gewalt wie er zugleich zu Gewalt aufruft. Damit ist diese Variante des dancefloors im Sinne der CCCS als authentisch zu bezeichnen, wenn auch die den Pop allgemein kennzeichnende Kommerzialisierung zu seiner Entseelung und zugleich zu seiner Distribution beitrug. Die Old School sieht Hip-Hop als eine Event-Trias von rap/graffiti/break-dance, die New School geht die Verbindung mit dem Video und dem fame durch kommer-ziellen Erfolg ein, strebt diesen an. In seiner benutzenden zur Schau Stellung wird allerdings ein Mittel der Dekonstruktion gesehen (WEINZIERL 2000). Political cor-rectness im Hip-Hop ist nicht mit dem mitteleuropäischen intellektuellen Maßstab zu messen: Obwohl von Outsidern gemacht, werden andere Outsider (Schwule, Lesben etc.) ausgegrenzt, Frauenfeindlichkeit geht mit Gewalt und Herrschaftsanspruch einher; Hip-Hop beansprucht Teil einer multikulturellen Bewegung zu sein; oftmals treibt er auch nur das gewinnbringende Spiel mit Exotismus. Hip-Hop der New School wird medial als soziale Aufstiegsleiter verkauft. Hip-Hop meint nun nicht eine von der Hegemonie des rhythmisch gesprochenen politisch aufwiegelnden Textes bestimmte Musik im basic lineup mit 2 turntables, die als Instrument gebraucht werden, sondern dessen gesamtes kulturelles Umfeld, von