1.5 Sound-Generations 147 äußerlichen Signs und Fetischen bis zu Haltungen und politischen Überzeugungen. Seine unmittelbare Wurzel ist das Musizieren mit Platten seit den siebziger Jahren, vom Auflegen bis zum DJ-ing. DJ Hollywood habe sein Auflegen mit diesen Wor-ten kommentiert, seit Malcolm X bezeichnet der Begriff Jugendparties, DJ Afrika Bambaataa habe das Ganze der Hip-Hop-Kultur eingeschlossen. Rap ist sein musi-kalisches wie außermusikalisches Zentrum. Dieses rhythmische Sprechen findet seine musikalischen Vorformen im Chat des Dixie-Jazz ebenso wie in den mitreißenden Wortkaskaden der Gospel-Sänger/Prediger, deren Zentralpassagen, von der audience wiederholend verstärkt werden. Zwar vom Master of Ceremony (MC) geleitet, liegt darin der partizipatorische hedonische Charakter von Hip-Hop-Events, der aus der schwarzen Kirche mitgebracht wurde, die im Gegensatz zum passiv aufklärerischen, eine spätere Heilsversprechung verkündigenden europäischen Katholizismus der Unmittelbarkeit des Hier und Jetzt huldigt; Hip-Hop ist dieses Postulat, Rap findet soziale Vorformen in den spielerischen Wortkämpfen, dem »Niederrappen« schwarzer Männer, Sublimation und Kultivierung des Strassenkampfs. Seine authentische Kampfansage, aggressive Rebellion, das intendierte Grundmus-ter musikbezogener Jugendkultur, mag der Grund für den Zugang nicht schwarzer – meist mittelständischer, gebildeter weißer Jugendlicher zu dieser ursprünglichen Ghetto Musik sein. Hier wiederholt sich das bekannte Paradigma der Adaption schwarzen Outsider-Gedankenguts durch die pubertierende Jugend aus der Sehn-sucht auslebende Spielwiesen, aber auch konkrete politische Alternativen entstanden. Hip-Hop ist eine afro-karibische, afro-amerikanische Musik mit explizit schwarzen Vorformen; aber aus der Verschmelzung oder Verarbeitung schwarzer Kultur ist jede Jugendkulturform nach 1945 entstanden. »Die Pop-Kultur des Mainstream nimmt ständig Elemente aus der Musiktradition schwarzer Amerikaner in sich auf. Mit dem HipHop erhielt diese stetige Annäherung einen weiteren Schub« (ROSE 1997, S. 153). Hip-Hop steht nicht in Opposition zur kommerziellen Welt, er nutzt ihre Mechanismen wie ihre Abfallprodukte; er ist eine städtische, postindustrielle Erscheinung. Das Sprayen von Botschaften und Tags auf U-Bahn-Züge ist die vom Hackertum angeeignete Generalisierung der mobilen Werbefläche, ein gängiges und impact-reiches Werbemittel der Konsumgesellschaft. Der spontane Straßen-Rave unter Anzapfung der öffentlichen Straßenbeleuchtung, die Distribution über Internetein-richtungen von Schulen und Universitäten sind die Nutzung von – für die etablierte Gesellschaft meist brachliegenden – (Kommunikations-) Ressourcen der Öffentlich-keit. Technische Geräte werden der Müllhalde des schnelllebigen Marktes entnommen, sie stehen ohne wesentlichen Qualitätsverlust reichlich und deswegen billigst zur Verfügung. Rechner, Sampler und drum-machines der vorigen Generation werden zum Instrumentarium der im traditionellen Sinne ungeschulten Musiker. In der unreflektiert gelebten Verfügbarkeit, dem selbstverständlichen Amateurismus, dem ungezügelten Hackertum kulminiert Informalisierung. Hip-Hop ist eine kulturelle Erscheinung, die die postmoderne Kulturwissenschaft beschreibt. Zugleich ist aber auch eine gegenseitige »Erzeugung« beobachtbar: Hip- Hop hat eine Lebenschance durch die Fokussierung auf die Mischexistenz erhalten, postmoderne Kulturwissenschaft ist mit ihm erstarkt. Für den Hip-Hop wie für die Kulturwissenschaft gilt: »Mischformen werden so die Regel und genuine Authentizi-