148 Populäre Kultur und ihre Musik tät zum Sonderfall oder anders gesagt, kulturelle Hybridformen präsentieren sich als neue politische und kulturelle Identitäten« (WUNBERG 1997, S. 4). Eine Kultur wie eine Sicht der Kultur, in denen das Besondere zugunsten des allmöglichen Alltäglichen zurücktritt. Darin ähneln sich wiederum Hip-Hop und Techno – beide Formen von Musik sind durch Theoretisierung wesentlich bestimmt, andererseits werden Theorienbildungen von der musikalischen Existenz genährt. Innermusikalisch bestehen Unterschiede in der expliziten Oralität des Hip-Hop, Gemeinsamkeit im Instrumentalen: Pattern-Music aus billigst- und Alt-Geräten. Mag bei Hip-Hop das Figur-Grund-Prinzip, die orale und instrumentale Schicht, differenzieren, wobei der überstrahlende Rhythmus sowie die Triggerung extremer Komprimierung durch den durchgehenden Bass-Drum-Beat wiederum beides sound-mäßig verschmelzen so ist Techno die Etablierung dieses Grundes (vgl. TAGG 1994). Das strukturelle Kompositionsprinzip ist die Organisation von Rhythmus, Tem-po und Loops, das theoretische des Hip-Hop die Rede, das des Techno ist die unmittelbare Wirkung von Klang (Gestalten). Während die elektronische Klangwelt des Techno Samples ausschließlich als Soundqualitäten, als Stimulans verwendet, agiert Hip-Hop zeichenhaft verweisend. Mögliche Bedeutungen von samples unterliegen durch die spezifische Verwendung einer Umdeutung. Diese geschieht in einem Prozess der Kontextvariation; so gesehen ist Hip-Hop eine Form der Kontextkunst. Drum’n’Bass, high intensities weisen Hip- Hop dennoch als Teil einer hedonischen und weniger aufklärerischen Jugendkultur aus – die Dominanz des Wortes und seine gestische Interpretation im Vortrag unterscheiden diese grundsätzlich sprachbetonte Musik von Techno. Durch die gemeinsame Verwendung des elektronischen Instrumentariums und vorgefertigter konkreter Klänge/Musiken in technisch organisierten Patterns ist Hip- Hop innermusikalisch dem Techno ähnlich – der Crossover ist heute die gängige Form. Im Zuge der Vermassung des vermeintlich Authentischen tritt eine Konzentration der unabhängigen Szene um die massenmedialen Distributoren ein und eine Vermengung mit der Disco- und Club-Culture. 1.5.3 Techno und Hip-Hop als Kommunikationskünste – die Kulmination des kollektiven Musizierens mit Müll der Kommunikationstechnologie Hip-Hop und Techno haben – dank technischer Innovationen (von der Tonbandcas-sette zur digitalen Klangspeicherung), ihrer Verfügbarkeit in PCs als Produktionsin-strumentarien und der Verfügbarkeit von unmittelbaren Distributionsinstrumenten (vom Ghetto-Blaster bis zur Billig-PA), wie von mittelbaren Distributionsnetzwerken (World-Wide-Web) in sozialer Grenzüberschreitung für die »privaten« Straßen-Raves die von der Industrie gesteuerte Distribution übergangen und selbst übernommen. »Techno war aufgrund seiner Produktionsweise schon immer ein Graus für die Tonträger-Majors. Plattenfirmen leben davon, von so wenig Produkten wie notwen-dig so viele Einheiten wie möglich zu verkaufen. Dazu eignen sich konventionelle Michael-Jackson-Pop-Rockstars am besten, die mit viel Werbe- und Marketing-budget, teuren Produktionskosten und Riesenhype millionenfach verkaufen sollen.